Aktuelles vom Para Radsport im Deutschen Behindertensportverband
Erneuter Medaillenregen: Zwei WM-Titel, zweimal Silber
Para Radsport-WM: Maike Hausberger schnappt sich beim WM-Debüt im Straßenrennen den Titel ebenso wie Steffen Warias - Kerstin Brachtendorf und Pierre Senska gewinnen Silber
Zweimal Gold und Zweimal Silber für Deutschlands Para Radsportler: Maike Hausberger gewann bei ihrer ersten WM-Teilnahme das Rennen der Klasse C2, Steffen Warias sprintete in der Klasse C3 zu seinem dritten insgesamt WM-Titel. Zudem sorgten Kerstin Brachtendorf (C5) und Pierre Senska (C1) mit Silber für deutschen Medaillenregen im niederländischen Emmen.
Die Straßenrennen wurden auf einem 7,4 Kilometer langen, fast komplett flachen Rundkurs ausgetragen, bei dem mehrere enge Kurven die größte Schwierigkeit darstellten und zu einigen Stürzen führten.
Die Klassen C1, C2 und C3 der Frauen fuhren ein gemeinsames Rennen über sieben Runden, insgesamt 51,8 Kilometer. Für Deutschland starteten Denise Schindler (C3) sowie in ihrem ersten WM-Straßenrennen Maike Hausberger (C2). Beide konnte alle Attacken mitfahren und waren immer in der ersten Gruppe dabei. Denise Schindler griff einen Kilometer vor dem Ziel an, wurde aber auf der Zielgeraden noch von drei Fahrerinnen überholt und belegte den vierten Platz. Maike Hausberger ging die Attacke der weniger stark eingeschränkten Fahrerinnen mit und war die Schnellste ihrer Klasse: „Ich dachte eigentlich, meine Konkurrentinnen würden hinter mir herkommen“, erklärte die 24-jährige Triererin. „Irgendwann habe ich mich umgedreht und keine gesehen. Ich wusste gar nicht, wie mir geschieht. Selbst im Ziel war ich mir noch nicht sicher, ob nicht vielleicht doch noch eine vor mir war, und habe mich gar nicht getraut, mich wirklich zu freuen. Erst, als am Zelt alle auf mich zukamen, war mir klar, dass es geklappt hat.“
Denise Schindler hatte durch die Attacke den Titelgewinn ihrer Kollegin vorbereitet, musste selbst aber am Ende mit dem vierten Platz vorliebnehmen: „Ich hatte gar nicht geplant, dort anzugreifen. Auf der letzten Runde bin ich mit Speed in die Schikane zurück in den Park, und auf einmal hatte ich ein Loch. Es war noch ein Kilometer bis zum Ziel, da musste ich durchziehen. Ich habe mein Herz in beide Hände genommen und bin volles Risiko gegangen. Am kurzen Anstieg merkte ich, wie das Laktat in die Beine schoss, und 50 Meter vor dem Ziel zogen dann noch drei an mir vorbei. Sehr schade, aber ich habe alles versucht.“
Das Rennen der Männer der Klassen C1, C2 und C3 ging über neun Runden, insgesamt wurden 66,6 Kilometer gefahren. Hier starteten Steffen Warias und Matthias Schindler (beide C3) sowie Pierre Senska, Michael Teuber und Erich Winkler (alle C1). Es gab mehrere Stürze, doch der Großteil der C3-Fahrer sowie einige Fahrer der Klasse C1 und C2 blieb bis auf die letzte Runde zusammen. Steffen Warias hatte im Sprint die Nase vorn und gewann seinen dritten Weltmeistertitel im Straßenrennen nach 2010 und 2013.
„Alle drei Jahre“, lachte Warias, der 2016 paralympisches Gold holte. „Es war extrem schwer, wegzufahren. Wenn sich eine kleine Gruppe gebildet hat, war ich immer dabei, aber es lief schnell alles wieder zusammen, sobald ein bisschen rausgenommen wurde. In der letzten Runde habe ich versucht, mich gut zu positionieren, und bin dann in einer super Position Richtung Ziel. Einer vor mir ist als Erster in die letzte Kurve gefahren und gestürzt, dann konnte ich auf der Zielgeraden volle Kanne durchziehen. Das ganze Rennen über hatte ich ein super Gefühl, nach dem Trainingslager habe ich gemerkt, dass die Form supergut ist. Im Zeitfahren konnte ich das leider nicht so ganz abrufen, aber heute umso besser.“
Aus der Klasse C1 waren auf der letzten Runde noch drei Fahrer im Feld, darunter Pierre Senska. Der Spanier Ricardo ten Argiles (C1) und gewann den Titel, Senska holte sich dahinter den zweiten Platz: „Es war für uns C1er ein reines Ausscheidungsfahren. Das kam uns Deutschen entgegen, da wir schon zu den Stärkeren gehören. Ich bin zur Rennhälfte gestürzt und musste eine Menge Kraft investieren, um ins Feld zurückzukommen. Das hat mich am Ende einfach so viel Kraft gekostet, dass ich lieber Silber abgesichert habe, als ten Argiles hinterherzufahren.“
Michael Teuber musste in der fünften Runde ein Loch reißen lassen und fuhr dann vier Runden vollkommen allein im Wind, um seine Position als Vierter in der Klasse C1 zu halten – mit Erfolg. Erich Winkler wurde bereits in der ersten Runde durch einen Sturz aufgehalten und konnte nicht mehr zur Spitze aufschließen, am Ende war er Elfter. Matthias Schindler war das ganze Rennen über im Feld, doch als sprintschwacher Fahrer war das Finale nicht für ihn ausgelegt, er kam als Zwölfter ins Ziel.
Auch die Frauen der Klassen C4 und C5 fuhren ein Straßenrennen über neun Runden. Kerstin Brachtendorf war zu Beginn des Rennens etwas in Schwierigkeiten, kam aber wieder zurück zur Spitze und sprintete schließlich zu Silber, nachdem sie einem Sturz in der Zielkurve auswich. Sarah Storey (Großbritannien) gewann Gold.
„Wir haben am Anfang versucht, die schwächeren Fahrerinnen, die auch eine Sturzgefahr bringen, loszuwerden. Das haben wir auch geschafft, aber da war ich schon fast abgeschlagen. Es wurde mehrmals versucht, eine Selektion herbeizuführen, aber es hat nicht funktioniert. Auf der letzten Runde ging das Geschiebe schon früh los. Ich bin eigentlich ein ängstlicher Typ, aber heute habe ich auch die Ellenbogen rausgestellt, es war wirklich ein Positionskampf. Zwei Fahrerinnen sind zu schnell in die letzte Kurve rein, ich war am Hinterrad, Storey neben mir. Sie hat sich durch den Sturz weniger irritieren lassen und einfach durchgezogen, ich habe kurz rausgenommen, sonst hätte ich auch da gelegen. Ich bin einfach nur glücklich über meine erste Silbermedaille und darüber, dass meine Form noch einmal bestätigt habe.“
Im Rennen der Männer der Klassen C4 und C5 über 12 Runden (88,8 Kilometer) fuhr Tobias Vetter auf den siebten Platz: „Ich war immer im Führungsfeld dabei und konnte mich dort gut halten. Meistens war ich hinten dran, aber ich habe oft genug versucht, vorne wegzufahren, und das ging dann immer nach hinten los. Im Sprint war vor mir leider ein Sturz, dem ich noch ausweichen musste und eher froh war, nicht hinten reinzufahren. Top-10 war mein Ziel, mit dem siebten Platz bin ich zufrieden.“ Tim Kleinwächter und Peter Renner belegten im stark besetzten Rennen der Tandems über 14 Runden (103,6 Kilometer) den zehnten Platz.
Quelle: DBS