Aktuelles vom Para Dressursport
Leistungssport für Dressurreiter mit geistiger Behinderung
Dass Menschen mit geistiger Behinderung Höchstleistungen im Sport erbringen können, steht zweifelsfrei fest. Die Leistungen untereinander vergleichbar zu machen, ein schlüssiges Klassifizierungsverfahren zu entwickeln, Turnierangebote anzubieten und Teilnehmer*innen zu akquirieren, war und ist ein längerer und herausfordernder Weg. Seit 2018 stellt sich das Deutsche Kuratorium für Therapeutisches Reiten (DKThR) der Aufgabe, das Dressurreiten als Leistungssport für Menschen mit geistigen Behinderungen zu fördern. Es fing mit einem Sichtungslehrgang für Reiter*innen an, die bereits das Sportsystem von Special Olympics (SO) durchlaufen und Potential für eine weiterführende Perspektive im Turnierreitsport haben. Im vergangenen Jahr nahmen erstmals deutsche Dressurreiter*innen mit geistiger Behinderung an einer internationalen Video-Competition teil. Ausgeschrieben werden diese Wettkämpfe von Virtus (World Intellectual Impairment Sport), der internationalen Föderation für Athlet*innen mit einer intellektuellen Beeinträchtigung. Von der Gründung 1986 bis 2019 war die Organisation bekannt als INAS (International Federation for Sport for para-athletes with an intellectual disability).
Erfolgreiches Trainings- und Wettkampfwochenende im Pferdesport- und Reittherapiezentrum der Gold-Kraemer-Stiftung in Frechen
Auch die zweite Teilnahme an einer internationalen Video-Competition Ende September in Frechen war ein voller Erfolg. Die virtuellen Wettkämpfe waren in ein Trainingswochenende eingebettet. Initiiert, vorbereitet und vor Ort begleitet wurde die Veranstaltung vom DKThR durch die Projektleiter und DKThR-Vorstandsmitglieder Ulrich Nickel und Uwe Kaplirz zu Sulewicz. Aus Niedersachsen kam Trainerin Heike Feldmann mit Reiter Max Abbing, aus Baden-Württemberg Christa Hinrichsen mit Reiterin Tatjana Raible, aus Nordrhein-Westfalen Martina Schuchhardt mit Reiterin Janine Schwirblat und aus Schleswig-Holstein Reiterin Inka Thun, die von allen Trainerinnen unterstützt wurde. Während Tatjana, Inka und Janine sich am Samstag in zwei Trainingseinheiten auf ihre zur Verfügung gestellten Vierbeiner einstellen konnten, hatte Max sein eigenes Pferd dabei.
Als Prüfungsaufgabe war den Teilnehmern der FEI Grade IV Novice Test A aus dem Bereich der Para-Equestrian Dressur vorgegeben. Diese Aufgabe hat Anforderungen ähnlich einer L-Dressur im Regelsport. Die Ritte wurden am Sonntag gefilmt und per Video den internationalen Richtern in verschiedenen Ländern zur Bewertung vorgelegt. Alle Videos wurden nach strengen Virtus-Vorgaben erstellt. Genau vorgeschrieben wird zum Beispiel die Ausrüstung, Hilfszügel sind nicht erlaubt. Um auszuschließen, dass kein Turniervideo eingereicht wird, müssen alle Pferde Bandagen tragen.
Bewertet wurden letztendlich zwei Ritte: Der Sieg ging mit 75,805 Prozent an Sonja Villalba (ESP), die mit 71,954 Prozent auch den zweiten Platz belegte. Tanja Raible kam mit 65,402 Prozent auf Platz Drei, gefolgt von Max Abing mit 64,885 Prozent. Inka Thun belegte den zehnten Platz. Sie erritt 61,89 Prozent. Noch ohne offizielle Virtus-Starterlaubnis und somit außer Wertung ging Janine Schwirblatt in den virtuellen Wettkampf. Mit 64,655 Prozent wäre sie auf dem fünften Rang gelandet. Auf nationaler Ebene gibt es bisher noch keine Turniere mit leistungsorientiertem Profil, da der Teilnehmerkreis noch zu klein ist. Das soll sich künftig ändern.
Gesucht werden Pferdesportler*innen mit geistiger Behinderung, die Interesse am leistungsorientierten Dressurreiten haben
Wer möchte mitmachen? Welcher Reiter mit geistiger Behinderung möchte sich reiterlich weiterentwickeln? Die Eingangsvoraussetzungen sind das sichere Beherrschen der drei Grundgangarten Schritt, Trab und Galopp. Das DKThR plant, im kommenden Jahr an zwei Standorten, an denen entsprechende Leihpferde zur Verfügung stehen, einen Sichtungslehrgang anzubieten. Je nach Anzahl der Teilnehmer*innen sollen homogene Gruppen zusammengestellt werden, um im nächsten Schritt Aufgaben zu entwickeln, die dem Leistungsvermögen der Reiter*innen angepasst sind. Der Fokus liegt dabei nicht nur auf dem Leistungsgedanken. Ebenfalls im Vordergrund steht die Freude an der reiterlichen Weiterentwicklung, was sich auch in den Aufgaben widerspiegeln wird. Mittelfristiges Ziel ist die nationale Klassifizierung (Eligibility), um die Teilnahme an nationalen Wettkämpfen zu ermöglichen.
Kontakt:
Ulrich Nickel, Vorstandsmitglied des DKThR (Tel. 0151 46331165, E-Mail: ulrich-nickel@gmx.de)
Uwe Kaplirz zu Sulewicz, stellvertretender Vorsitzender des DKThR (Tel. 07931 9592510, E-Mail: uwe.kaplirz@gut-uettingshof.de)