Aktuelles vom Para Eishockey im Deutschen Behindertensportverband
Para Eishockey: „Turnier hat große Kreise gezogen“
Willi Struwe ist einer von zwei deutschen Lokführern mit einer Prothese - und passionierter Spieler beim Para-Eishockeyclub Berlin. Nach dem Paralympics-Qualifikationsturnier in Berlin bewertet er das Abschneiden der deutschen Para Eishockey-Nationalmannschaft und berichtet, wie er den Sport für sich entdeckt hat.
Eines muss ich gleich vorwegnehmen: Die Slowaken haben den zweiten Platz verdient und besser gespielt, das muss man ihnen lassen. Bei unserer deutschen Mannschaft sahen die anderen Spiele vielversprechender aus, aber das war eben das Entscheidungsspiel und es ist total schade, dass es knapp nicht zum Paralympics-Ticket gereicht hat.
Ich habe enorm mitgefiebert und musste mir das ein oder andere Mal die Augen zuhalten, als es aussah, als würde die Slowakei wieder ein Tor schießen, doch dann wurde die Aktion oft noch glücklicherweise gehalten oder weggespielt. Ich hätte es den Deutschen zu gerne gegönnt und mit ihnen gefeiert, aber am Ende war es dann doch ernüchternd. Da hilft leider wirklich nur, auf das nächste große Event zu blicken, denn das Potenzial hat die Mannschaft immer wieder abgerufen.
Ihr Kampfgeist hat mich beeindruckt: Sie haben sich immer wieder zurückgekämpft, sich reingekniet, immer wieder probiert, das Ruder jedes Mal wieder umzureißen und sich gegenseitig von der Bank aus angefeuert. Mit ihrer Leistung haben sie viele Sympathien gewonnen und das ist auch ein Pluspunkt eines jeden Turniers, das in Deutschland oder Berlin ausgetragen wird: Dass der Sport hierzulande an Bekanntheit gewinnt.
Es war schön, dass so viele Fans da waren. Es waren nicht alle Plätze belegt, aber am ersten und letzten Tag, als ich da war, war die Halle gut gefüllt und ich war froh, dass das möglich war angesichts der aktuellen Zahlen. Ich fand das mit der Organisation gut gemacht, dass man mit Test nur reingelassen wurde, das hat mir ein sicheres Gefühl gegeben und das Hygienekonzept hat gut funktioniert. So konnten die Fans die deutsche Mannschaft anfeuern, denn Geisterspiele wünscht sich niemand, da braucht es schon einen Background.
Ich habe bekannte Gesichter aus Selbsthilfegruppen und dem Amputiertensport gesehen, die ich gar nicht auf dem Schirm hatte, dass sie daran interessiert sein könnten. Aber durch die Werbung für das Event sind sie hingekommen und haben es sich angeschaut, da sieht man, was das für große Kreise gezogen hat.
Ich hoffe, dass wir als Sport jetzt davon profitieren können. Wer auch immer Lust hat, Para Eishockey auszuprobieren, kann einfach gerne mal zum Training oder zu Schnuppertagen vorbeikommen. Wir freuen uns jedes Mal, jemanden dazugewinnen zu können. Und man muss sich auch keine Gedanken machen, wenn man anfangs keine Ausrüstung hat: Da wird in den Vereinen immer ein Weg gefunden.
Ich habe, nachdem ich im Unfallkrankenhaus Berlin davon erfahren habe und mal die Ausrüstung anprobiert habe, beim ersten Training einfach nur zugegeguckt und geschaut, wie viele sind da, wie läuft das ab, wie ist die Stimmung, der Umgang untereinander? Beim nächsten Mal habe ich mir selbst den Schlitten anschnallen lassen.
Auf Kufen zu sitzen, war schon eine Umgewöhnung und das Gleichgewicht zu halten, ist herausfordernd. Aber es kommen auch schnell erste Erfolgserlebnisse, wenn man mal Schwung gibt und nicht umkippt. Ich habe schnell Blut geleckt und Spaß daran gefunden und wer es ausprobieren will: Es ist völlig egal, ob man zwei, ein oder kein Bein hat - im Schlitten sind wir eh alle gleich, das ist das Schöne an dem Sport.
Es gibt viele Orte in Deutschland, in denen Para Eishockey gespielt wird: Dachau, Hamburg, Bremen, Dresden, Berlin, Iserlohn, Wiehl, Langenhagen bei Hannover, Freiburg, Niesky oder Berlin beispielsweise. Deshalb kann ich jedem, der es ausprobieren möchte, nur raten: Traut euch aufs Eis!