Aktuelles vom Para Eishockey im Deutschen Behindertensportverband
„Haben Muckis“: Deutschland vor Finale um Peking-Ticket
Die deutsche Para Eishockey-Nationalmannschaft hat beim Paralympics-Qualifikationsturnier in Berlin das angepeilte Endspiel um das letzte Ticket für die Winterspiele in Peking erreicht und mit einem 4:1 gegen „Albtraum-Gegner“ Schweden Selbstbewusstsein für das wichtigste Spiel der vergangenen Jahre getankt. Gegen die Slowakei ist die Ausgangslage am Mittwochabend einfach: Das Sieger-Team fliegt im März zu den Paralympics
„Immer waren es die Schweden“, sagte Jörg Wedde: „Ich habe schon so oft gegen Schweden verloren, aber heute war eins der Spiele, das du gewinnen musst.“ Cheftrainer Andreas Pokorny sprach gar von einem „Albtraum-Gegner in vielen Turnieren.“ Der Unterschied dieses Mal: Für Deutschland geht es im Turnier noch um alles, für die Schweden, die erstmals in der Geschichte nicht bei Paralympics dabei sein werden, nach drei Niederlagen in drei Spielen um nichts mehr.
Schrader erst verletzt, dann Doppelpacker
Doch vor dieser trügerischen Ausgangslage ließen sich die Deutschen nicht täuschen, auch wenn zu Beginn das Spiel kurzzeitig drohte, in die falsche Richtung zu kippen. Nach fünf Minuten schoss Rasmus Lundgren kurz hinter der Mittellinie und der Puck flog immer höher und weiter - ins deutsche Tor zum 0:1. „Ich sehe den und denke, der schießt, aber bevor ich gerufen habe, lag der Puck im Tor“, sagte Wedde: „Aber da machst du einen Haken dahinter und fertig.“ Der Routinier selbst besorgte dann auf Vorlage von Bernhard Hering knapp zwei Minuten später den Ausgleich. „Ich dachte: Wenn du das verdaddelst… Aber dann geht das Ding rein - cool!“, freute sich Wedde, dessen Team kurz darauf umstellen musste, weil Bernhard Hering eine Spielstrafe bekam, nachdem er seinen Gegner unglücklich mit dem Stock getroffen hatte. Und die nächste Hiobsbotschaft kam zwölf Sekunden später: Felix Schrader blieb mit schmerzverzerrtem Gesicht auf dem Eis liegen und es sah aus, als ginge es für ihn nicht weiter.
Doch im zweiten Drittel war der Topscorer des Turniers wieder dabei und besorgte direkt die deutsche Führung (17.). Auch das letzte Drittel eröffnete Schrader mit einem Tor (35.). Fünf Minuten später erhöhte Frank Rennhack dann auf 4:1 - der Endstand (40.). Alle drei Treffer hatte Ingo Kuhli-Lauenstein vorbereitet, bei Rennhacks Treffer war auch Schrader beteiligt. „Wir haben unsere Nerven behalten, obwohl die Schweden nichts zu verlieren hatten. Ich kann die Mannschaft nur loben: Es war nur eine Frage der Zeit, bis wir das Spiel gewinnen und in welcher Höhe“, sagte Cheftrainer Andreas Pokorny und Co-Trainer Michael Gursinsky fügte mit Blick auf 29 Torschüsse hinzu: „Wir konnten den Schweden unser Spiel aufzwängen und haben der Mannschaft immer wieder gesagt: Ihr seid dran, ihr macht alles gut, ihr macht alles richtig und das war der Schlüssel, um am Ende die Sicherheit zu haben.“
„Die Jungs haben Muckis“
Defensivspieler Lucas Sklorz, der gegen Schweden als bester Spieler des deutschen Teams ausgezeichnet wurde, war „völlig im Eimer“: „Das war das vierte Spiel für uns, alle waren auf Augenhöhe und total anstrengend. Aber wenn man so ein Spiel am Ende für sich entscheidet, setzt das noch mal Kräfte frei.“
Die wird das deutsche Team auch brauchen, denn die Slowakei hat nicht nur die wenigsten Gegentore des Turniers, es kommt auch zum Duell der Topscorer: Felix Schrader führt die Liste mit sechs Toren und zwei Assists an, dahinter folgt der Slowake Martin Joppa mit fünf Treffern und zwei Vorlagen. Während das deutsche Team 2006 in Turin letztmals an den Paralympics teilgenommen hatte und in der Folge drei Mal die Spiele knapp verpasst hatte, wäre es für die Slowaken die erste Teilnahme überhaupt.
Auf die Auftakt-Niederlage gegen Italien, als das deutsche Team coronabedingt auf Hering und Rennhack verzichten musste, folgten Siege gegen Norwegen, Japan und Schweden. Nach vier Spielen in fünf Tagen ist Co-Trainer Michael Gursinsky aber optimistisch, dass das deutsche Team noch genug Kraft hat für das Finale: „Die Jungs haben Muckis. Wir haben an 16 Wochenenden eine knallharte Vorbereitung in der Pandemiezeit hinbekommen und wir haben am Anfang gegen Italien durch die Corona-Fälle umstellen müssen, das hat uns nicht so gefallen. Jetzt haben wir wieder alle Leute im Kader und können das, was wir uns 16 Wochen antrainiert haben, morgen abfahren. Die Jungs sind fit und wir haben absolut keine Angst, uns mit den vermeintlichen Favoriten zu messen.“
Sklorz gab dann auch einen Einblick, wie das Team das entscheidende Spiel angehen möchte: „Der Trainer sagt immer: Wir packen das Spiel und den Sieg in die Tasche. Wir gehen jetzt gut essen, gut schlafen und erholen uns. Und dann fokussieren wir uns auf den Gegner. Das ist das letzte Spiel, da muss man sich nicht groß vorbereiten, sondern Kräfte sammeln und alles aufs Eis bringen, was man noch in den Reserven hat.“
Italien für Paralympics qualifiziert
Das erste von zwei Paralympics-Tickets hatte schon am Nachmittag seinen Abnehmer gefunden: Italien, das alle vier Spiele gewann, profitierte vom Sieg der Slowakei gegen das favorisierte Norwegen und ist sicher in Peking dabei. Deutschland und die Slowaken haben hinter Italien in der Tabelle jeweils drei Siege und eine Niederlage - und wie es der Spielplan möchte, bestreiten beide am Mittwochabend um 18.30 Uhr das letzte Spiel im Jeder-gegen-Jeden-Modus. Das Gewinner-Team bucht das zweite Paralympics-Ticket. Um 11.30 Uhr spielen die bereits qualifizierten Spitzenreiter aus Italien gegen Norwegen, um 15 Uhr spielen die sieglosen Teams aus Japan und Schweden um den vorletzten Platz.
Der Eintritt im Eisstadion P09 in Berlin-Charlottenburg ist bei Nachweis von 2G+ frei. Zudem können alle Spiele auch im Livestream bei Sportdeutschland.TV verfolgt werden. Informationen rund um das Qualifikationsturnier gibt es auf unserer Website.