Aktuelles vom Para Ski nordisch
Unangenehme Extraschichten
Linn Kazmaier, 15 Jahre, Leonie Walter, einen Tag vor ihrem 18. Geburtstag, und Johanna Recktenwald, 20 Jahre alt – im Ziel fand das deutsche Nachwuchstrio bei den Frauen mit Sehbeeinträchtigung samt ihrer Guides Florian Baumann, Pirmin Strecker und Valentin Haag zusammen und strahlte Geschlossenheit aus. Das kam nicht von ungefähr, sorgten die Jüngsten im Team doch für erfreulichere Momente aus deutscher Sicht an einem alles in allem wenig erfreulichen Tag. In einem erneut von russischer Dominanz geprägten Rennen mit der Siegerin Vera Khlyzova landete Kazmaier auf dem sechsten, Walter auf dem siebten und Recktenwald auf dem elften Platz.
Die Oberlenningerin Kazmaier bestätigte damit ihren guten Eindruck vom Sprint tags zuvor, als sie ebenfalls als beste Nicht-Russin Sechste geworden war. Sie blieb obendrein als einzige der insgesamt acht deutschen Starterinnen und Starter ohne Schießfehler. „Das überrascht mich selbst, aber es ist toll“, sagte sie.
Auch ihre Teamkolleginnen zeigten streckenweise, dass ihnen die Zukunft gehören kann. Beide mussten allerdings Schockmomente wegstecken. Leonie Walter (SC St. Peter) unterliefen beim zweiten Schießen drei Fehler, was sie „megaärgerlich“ fand, Johanna Recktenwald (Biathlon Team Saarland) wurde eine Eisplatte in der 180-Grad-Kurve vor dem letzten Schießen zum Verhängnis. Sie stürzte. „Danach war kurz die Luft weg und ich musste mich erst sammeln.“ Ein Schießfehler verbaute ihr ihre gute Ausgangslage. „Schade. Sie hätte heute mehr als Platz elf verdient gehabt“, sagte der Bundestrainer Ralf Rombach.
Große Ratlosigkeit bei Wicker
Rombach hatte zuvor bei mehreren seiner Schützlinge schlucken müssen – besonders bei einer: Anja Wicker (MTV Stuttgart). Die lag nach Gold am Vortrag im Sprint der sitzenden Klasse zur Mitte des 10-Kilometer-Rennens hinter der späteren Weltmeisterin Kendall Gretsch (USA) auf Silberkurs, bevor ihr Unerklärliches widerfuhr: Vier Fehler beim dritten und sogar fünf beim vierten Schießen. „So etwas habe ich noch nie erlebt“, sagte die 30-Jährige. „Ich habe mich wie im falschen Film gefühlt, kann auch nicht erklären, woran es gelegen hat.“ Dem Trainerteam ging es noch Stunden später ähnlich. „Wir werden Ursachenforschung betreiben. Das war in jedem Fall ein Schlag ins Kontor“, versicherte der Bundestrainer.
Auf das Konto der vier deutschen Männer gingen am Sonntag insgesamt 14 Schießfehler – zu viele, um vorne mitzumischen. Noch am besten kam Martin Fleig (Ring der Körperbehinderten Freiburg) durch, der sich nach einem Fehler beim ersten Schießen und Platz elf im weiteren Wettbewerbsverlauf kontinuierlich nach vorne vorkämpfte und letztlich Fünfter wurde.
Nur Fünfter? „Mehr ist im Moment offenbar einfach nicht drin“, sagte Fleig. In der sitzenden Klasse der Männer ist die Konkurrenz aktuell gewaltig. Hinzu kommt: Jene Konkurrenz – allen voran der nun dreifache Lillehammer-Weltmeister Ivan Golubkov (Russian Paralympic Committee) – hat in diesem Winter schon deutlich mehr Rennen absolviert als der Gundelfinger. „Das macht einen Unterschied. Ich muss noch Wettkampfhärte aufbauen.“ Auch Ralf Rombach rät dem erfolgsverwöhnten 32-Jährigen zu Geduld und Gelassenheit. „Martin ist ein Stück weit vom Gejagten zum Jäger geworden.“
Fragezeichen bei Ehler und Messinger
Ihren Jagdinstinkt wiederfinden müssen auch Nico Messinger (Ring der Körperbehinderten Freiburg) und Alexander Ehler (SV Kirchzarten), die mehrere Parallelen aufweisen. Beide schossen am Sonntag fünf Fehler, beide landeten auf abgeschlagenen Rängen – Messinger bei den Sehbeeinträchtigten auf Platz 15, Ehler in der stehenden Konkurrenz auf Rang 13 – und beide führten das auf körperliche Probleme zurück.
„Ich fühle mich müde, konnte nicht richtig schießen, konnte nicht richtig laufen“, berichtete Ehler, den zum Jahreswechsel eine Erkältung ausgebremst hatte. „Ich weiß nicht, was los ist. Mein Körper fühlt sich nicht bereit an“, sagte Messinger. Konsequenz – ebenfalls eine Parallele: Beide bekommen eine Auszeit und starten erst wieder am kommenden Samstag beim Langlauf-Sprint in der klassischen Technik.
Es blieb somit einem weiteren Vertreter der jungen Garde vorbehalten, für einen Lichtmoment zu sorgen: Marco Maier (SV Kirchzarten). Zwar musste der 22-jährige Allgäuer dreimal in die Strafrunde, läuferisch zeigte er sich aber auf ordentlichem Niveau, trotz noch immer spürbarer muskulärer Beschwerden. Nach dem ersten Schießen war er sensationeller Zweiter, in der Endabrechnung landete er auf Rang neun. Sein Fazit: „Drei Fehler sind drei zu viel in so einem Wettkampf. Aber daran kann ich arbeiten.“