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Mit Volldampf in der Erfolgspur
Das deutsche Team holt im finnischen Vuokatti fünf weitere Weltcup-Siege. Für Linn Kazmaier und Nico Messinger sind es Karriere-Premieren. Johanna Recktenwald düpiert zwei Paralympics-Siegerinnen und stürmt aufs Podium. Anja Wicker ist bei den Frauen sitzend eine Klasse für sich.
Das Nordic Paraski Team Deutschland überrascht sich beim ersten Weltcup des Winters weiter selbst. Im Biathlon-Einzelrennen über 12,5 Kilometer am Dienstag und im Klassik-Langlauf über zehn Kilometer am Mittwoch sammelten die sonst nicht für ihre Frühform bekannten Athletinnen und Athleten von Bundestrainer Ralf Rombach fleißig weiter Siege und Podiumsplatzierungen und beeindruckten dabei mit laufstarken und kaltschnäuzigen Leistungen.
Die 16-jährige Linn Kazmaier (SZ Römerstein) etwa knüpft nahtlos an ihre Erfolge der Paralympics 2022 in Peking an – und hat dabei „einen Megaspaß“. Bei den Frauen mit Sehbeeinträchtigung blieb sie im Biathlon am Dienstag viermal ohne Schießfehler (und damit ohne Strafminute) und zeigte auch in der Loipe keine Schwächen. „Ich bin schnell angegangen und hab schon befürchtet, dass ich hinten raus eingehe, aber ich konnte meinen Rhythmus durchhalten“, berichtete Kazmaier.
An der Seite ihres Ersatz-Guides Michael Huhn, der den kranken Florian Baumann vertrat, lief sie mehr als eine Minute Vorsprung vor der ebenfalls sehr souverän auftretenden Zweitplatzierten Leonie Walter (mit Guide Pirmin Strecker) heraus. Am Mittwoch im Langlauf über die zehn Kilometer legte sie direkt nach – diesmal wieder mit ihrem gewohnten Begleitläufer an ihrer Seite. Das Duo Kazmaier/Baumann gewann erneut vor Walter/Strecker, auf Rang drei landete die Ukrainerin Oksana Shyshkova.
Recktenwald belohnt sich mit Schlussspurt
Am Dienstag im Biathlon hatte es dank Johanna Recktenwald (Biathlon-Team Saarland, mit Guide Valentin Haag) sogar ein rein deutsches Podium gegeben. Trotz zweier Schießfehler verwies die 21-jährige Wahl-Freiburgerin zwei Paralympics-Siegerinnen von Peking auf die weiteren Plätze. Shyshkova (ein Fehler) lag 7,1 Sekunden hinter ihr, der Abstand Recktenwalds zur Österreicherin Carina Edlinger (zwei Fehler) betrug 18,8 Sekunden. „Ich hatte mir für diese Saison einen Podiumsplatz vorgenommen. Dass es gleich im ersten Biathlon-Rennen geklappt hat, ist richtig cool und gibt mir ein sehr positives Gefühl“, sagte sie.
Ausschlaggebend für ihren Erfolg war eine starke letzte Runde. Während ihre Konkurrentinnen auf den letzten 2,5 Kilometern an Kraft einbüßten, war sie bis ins Ziel mit mächtig Power unterwegs. „Das Team an der Strecke hat mich vorangebrüllt und meine Skier sind super gelaufen. Ein großer Dank an alle dafür“, sagte Recktenwald, nachdem sie erfuhr, dass es zu Platz drei gereicht hatte.
Auch bei den Männern mit Sehbeeinträchtigung gab es am Dienstag in Nico Messinger einen deutschen Sieger. Für den 28-Jährigen vom Ring der Körperbehinderten Freiburg und seinen Guide Robin Wunderle war es ein Premierenerfolg – einer, den Messinger nach eigenen Angaben erst gar nicht realisieren konnte. Die Grundlage legte er durch eine makellose Leistung am Schießstand. „Ich habe mir Zeit gelassen, weil ich endlich einmal mit null Fehlern durchkommen wollte“, verriet er.
Das gelang – zur Freude des Bundestrainers, der von „einem ganz besonderen Erfolg“ Messingers sprach. Seit 2011 ist der im Weltcup dabei und hat trotz häufiger krankheits- und verletzungsbedingter Rückschläge bewiesen, dass er zu den Größen gehört, auch wenn der große Wurf ausblieb – bis Dienstag. „Ich hoffe, dass er an diesem ersten Weltcup-Sieg weiter wachsen kann“, sagte Ralf Rombach. Auf den Rängen zwei und drei landeten Anatolii Kovalevskyi (Ukraine) und Anthony Chalencon (Frankreich).
Ehler hadert mit dem Schießstand
Anja Wicker (MTV Stuttgart) sicherte sich in der sitzenden Klasse am Dienstag und Mittwoch bereits ihre Saisonsiege drei und vier. Die 30-Jährige, die in Vuokatti in Abwesenheit der US-Amerikanerinnen Oksana Masters und Kendall Gretsch ohne echte Konkurrenz ist, präsentiert sich in Finnland läuferisch stark und am Gewehr vollkonzentriert; sie blieb im Biathlon ohne Fehler und sprach hinterher von einer „rundherum guten Leistung“. Die Mitte Januar startenden Weltmeisterschaften in Östersund (Schweden), bei denen Masters und Gretsch wieder dabei sein dürften, können für die Stuttgarterin kommen.
Einzig für Alexander Ehler (SV Kirchzarten) verlief der Dienstag nicht nach Wunsch. Der 53-Jährige lag nach 7,5 Kilometer noch auf Rang vier, bevor ihn drei Fehler im letzten Schießen alle Chancen auf eine vordere Platzierung kosteten. Am Ende landete der Emmendinger beim Triumph des Kanadiers Mark Arendtz mit insgesamt fünf Fehlern auf Rang sieben. „Alex kommt hier mit den Bedingungen am Schießstand nicht ganz klar. Er hat leider noch keine richtige Lösung gefunden“, berichtete Ralf Rombach.
Am Wochenende bekommt Ehler aller Voraussicht nach noch mindestens eine weitere Chance. Bis Sonntag stehen in Vuokatti zum Abschluss des ersten Weltcups noch zwei Rennen über 10 und 7,5 Kilometer sowie ein Team-Sprint an.
Text: Ben Schieler
Weitere Informationen zum Team:
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Weitere Informationen zum Weltcup:
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Übersicht über alle Ergebnisse und Termine:
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