Paralympics-Norm für Irmgard Bensusan bei Hallen-DM
Die deutschen Hallenmeisterschaften in der Para Leichtathletik haben nicht nur den Auftakt in ein mit Highlights gespicktes Jahr mit WM und Paralympics geboten, sondern auch gute Leistungen und zahlreiche deutsche Rekorde hervorgebracht. Herausragend war dabei die Paralympics-Norm von Weltmeisterin Irmgard Bensusan über 200 Meter. Der Deutsche Behindertensportverband präsentiert die Ergebnisse und besonderen Leistungen gemeinsam mit der Heinz-Kettler-Stiftung.
Mit ihrem ersten Saisonstart zeigte Irmgard Bensusan in 27,01 Sekunden, warum sie die 200-Meter-Weltmeisterin ist: Auf Anhieb unterbot sie als deutsche Meisterin die geforderte Paralympics-Qualifikationszeit und kann sich nun in Ruhe auf den Saisonhöhepunkt Ende August in Paris vorbereiten, um dort ihre große Medaillensammlung möglicherweise noch zu erweitern. Denn stolze fünf Mal Silber hat sie in Rio 2016 und Tokio 2021 bereits gewonnen. „Irmgard war herausragend über 200 Meter“, lobte auch Bundestrainerin Marion Peters und hob noch zwei junge Teamkolleginnen Bensusans vom TSV Bayer 04 Leverkusen hervor: „Jule Roß und Nele Moos haben über 400 Meter Top-Leistungen gezeigt.“
In 60,88 Sekunden und 61,49 Sekunden verbesserten Jule Roß und Nele Moos ihre deutschen Rekorde über zwei Hallenrunden erneut in dieser Saison und sprangen zudem 4,98 Meter und 4,86 Meter weit. Daraus resultierten zwei DM-Titel für Moos und zwei Vize-Titel für Roß. Moos hatte schon zuvor in der Hallensaison die Norm für die Paralympics unterboten, jetzt also die erneute Steigerung über 400 Meter. Gleich zwei deutsche Rekorde gab es für die Erfurter Lokalmatadorin Isabelle Foerder über 60 und 200 Meter in 9,92 und 34,94 Sekunden.
Über nationale Bestmarken in ihren Startklassen durften sich auch Franz Koalick vom BPRSV aus Cottbus über 60 Meter in 7,97 Sekunden, Paul Raub (Rukeli Trollmann) in 60,39 Sekunden und Johannes Trautmann (TSV Schwaben Augsburg) in 56,32 Sekunden über 400 Meter sowie Franziska Dziallas (TSV Bayer 04 Leverkusen) über 3000 Meter in 11:39,94 Minuten freuen ebenso wie Laura Burbulla vom VfL Wolfsburg, die 4,03 Meter weit sprang.
Mit bisher fünf Normerfüllungen – neben Moos und Bensusan auch Kugelstoßer Niko Kappel sowie Sprinterin Katrin Müller-Rottgardt mit Guide Noel Fiener und Speerwerferin Frances Herrmann – sieht Bundestrainerin Peters ihr Team grundsätzlich „auf dem richtigen Weg“. Allerdings mit Einschränkungen: „Die fünf können langfristig in die Paralympics-Vorbereitung einsteigen. Für viele bleibt aber nur der Weg über die WM in Kobe nach Paris. Bei aller Freude über die Top-Leistungen bleibt die Sorge, weitere Slots für die Paralympics aus Kobe mitbringen zu können. Bisher haben nämlich nur wenige Athletinnen und Athleten die Norm erfüllt.“
Lise Petersen blieb mit 35,05 Metern etwas unter ihrer neuen Bestweite vom Grand Prix in Dubai zurück – „es war einfach zu kalt“, sagte Peters. Kugelstoßer Niko Kappel war mit 13,16 Metern „nicht ganz zufrieden, aber auch nicht unglücklich“ mutmaßte die Bundestrainerin, zumal der Paralympics-Sieger von 2016 das Paris-Ticket schon sicher haben sollte. Ihren Weitsprung-Hoffnungen Andreas Walser („solide“) und Ali Lacin, dessen Versuche alle ungültig waren, attestiert sie auch noch Chancen, sich für Paris zu empfehlen: „Alis Sprünge sahen gut aus.“ Max Marzillier zeigte sich über 200 Meter auf einem guten Weg.
Erfreulich fand Peters die vielen ansprechenden Leistungen des Nachwuchses: Neben Jule Roß waren da auch die 14 Jahre jungen Janna Kleimann und Rennrollstuhlfahrer Amos Ruben Donath zu nennen, aber auch die erfahreneren Talente wie Laura Burbulla, Kim Vaske und Friederike Brose „sorgten unter anderem dafür, dass man hoffnungsvoll in die Zeit nach Paris blicken kann“, sagte Peters, die mit Helena Pietsch, der Co-Bundestrainerin Nachwuchs, offiziell die Nachwuchstalente in den Kader berufen durfte. Dies übernahmen stellvertretend Niko Kappel und Irmgard Bensusan, die eine Urkunde und Longsleeves – finanziert vom Para Leichtathletik Förderverein – an die nächste Generation überreichten. Während für die Top-Athlet*innen jetzt die heiße Phase in der WM- und Paralympics-Vorbereitung beginnt, trifft sich der Nachwuchs am zweiten März-Wochenende zum viertägigen Lehrgang in Kienbaum.
Übrigens: Para Leichtathletik-Interessenten aus dem Raum Süddeutschland sind herzlich eingeladen zum Online-Seminar „Einstieg in die Para Leichtathletik“ am Mittwoch, 20. März 2024. Das Angebot richtet sich an Eltern, Kinder und Jugendliche, Lehrer*innen, Trainer*innen, Vereine, Verbände und Interessierte. Das Online-Seminar findet als Kooperation zwischen dem Bayrischen, Badischen, Württembergischen und dem Deutschen Behindertensportverband statt. Im Fokus steht dabei neben Informationen zu Sportart, Disziplinen und Behinderungsformen vor allem der Einstieg in die Sportart und die Vereinssuche. Hier geht’s zur Anmeldung.
Die Ergebnisse der deutschen Meisterschaften in den Para Sportarten werden von der Heinz-Kettler-Stiftung (HKS) präsentiert, um die Aufmerksamkeit für die deutschen Meisterschaften zu erhöhen und die außergewöhnlichen Leistungen der Athlet*innen sichtbarer zu machen. Die HKS wurde von Heinz Kettler und seiner Tochter Dr. Karin Kettler bereits im Dezember 1999 gegründet, um Sportler*innen mit Behinderung in ihrer Sportausübung zu unterstützen und den Inklusionsgedanken in die Praxis umzusetzen.
Text: Nico Feißt / DBS