„Keine Argumente mehr, um Start zu verwehren“
DBS-Präsident Friedhelm Julius Beucher fordert vom IOC die Teilnahme des unterschenkelamputierten Weitspringers Markus Rehm an den Olympischen Spielen in Tokio in getrennter Wertung
Der Deutsche Behindertensportverband begrüßt, dass nun endlich Bewegung in die Diskussion gekommen ist, ob der unterschenkelamputierte Weitspringer Markus Rehm bei den Olympischen Spielen in Tokio in getrennter Wertung an den Start gehen darf. „Es gibt keine Argumente mehr, eine Olympia-Teilnahme von Markus Rehm zu verwehren“, sagt DBS-Präsident Friedhelm Julius Beucher.
Die Weichen dafür hatte der Internationale Sportgerichtshof (CAS) gestellt, in dem die Regel „144.3 (d)“ außer Kraft gesetzt wurde. Diese galt fünf Jahre und besagte, dass die Teilnahme von Leichtathlet*innen bspw. mit einer Prothese an Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften ausgeschlossen ist, sofern diese nicht nachweisen können, dass ihnen die „mechanische Hilfe“ keinen Vorteil verschafft. Nun hat der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) Markus Rehm für das nationale Aufgebot der Olympischen Spiele in gesonderter Wertung für Tokio vorgeschlagen. Diesen Sonderantrag hat der Deutsche Olympische Sport-Bund (DOSB) an das Internationale Olympische Komitee (IOC) weitergeleitet. Nun ist das IOC am Zug, dem die Entscheidung obliegt.
„Es gibt jetzt keine Argumente mehr, Markus Rehm einen Start bei den Olympischen Spielen in getrennter Wertung zu verwehren. Wir bedanken uns beim DLV und beim DOSB für die Initiative. Jetzt hat das IOC die große Chance, am Beispiel Markus Rehm praktisch umzusetzen, was in der letztjährigen Erklärung des Executive Board auch mit Blick auf Inklusion verkündet wurde. Mit dem CAS-Urteil und wissenschaftlichen Stellungnahmen im Rücken kann olympisch-paralympische Sportgeschichte geschrieben werden“, betont Friedhelm Julius Beucher und fügt hinzu: „Ich habe großen Respekt vor der sportlichen Einstellung von Markus Rehm, der niemandem etwas wegnehmen möchte, sondern außer Konkurrenz mitspringen will, um stellvertretend die beeindruckende Leistungsfähigkeit des Para Sports und von Menschen mit Behinderung auf einer Weltbühne zu präsentieren. Markus hat sich diese Chance sowohl erarbeitet als auch verdient und ich erwarte, dass man ihm mit der gleichen sportlichen Fairness begegnet, die auch er an den Tag legt.“
Markus Rehm, der bei den Para Leichtathletik-Europameisterschaften mit 8,62 Metern einen Fabel-Weltrekord in der Startklasse der unterschenkelamputierten Weitspringer aufstellte, sagte in seiner Mitteilung: „Mir geht es ausschließlich darum, ein Zeichen für Inklusion und den paralympischen Sport zu setzen. Ziel ist es, eine nachhaltige Veränderung anzustoßen und aus diesem Grund geht es mir nicht um eine Medaille, sondern um die Botschaft. Am Ende wäre ich einfach nur stolz, mein Land bei den Olympischen Spielen zu repräsentieren – nicht beim Kampf für eine Medaille, sondern beim Kampf gegen Diskriminierung, für Vielfalt und Inklusion. Ich möchte erreichen, dass Kinder auf der ganzen Welt vor dem
Fernseher sitzen und sehen, dass alles möglich ist, egal welches Schicksal sie erfahren.“
Bei der Debatte um mehr Inklusion im Sport gehe es nicht darum, sagt DBS-Präsident Beucher, dass „die Paralympics als das große internationale Highlight für unsere Athlet*innen an Wert verlieren. Im Gegenteil: Diese Spiele sind im Para Sport das Großereignis, dem alle entgegenfiebern – das soll und wird so bleiben.“ Doch wenn Athlet*innen mit Behinderung großartige Leistungen vollbringen und bei einer umfassenden wissenschaftlichen Studie kein genereller Vor- oder Nachteil mit Blick auf die Nutzung einer Prothese festgestellt wurde, dann, so Beucher, sollten sie auch die Möglichkeit haben, sich zu präsentieren.