Irmgard Bensusan ist 200-Meter-Weltmeisterin
An Tag drei der Para Leichtathletik-WM in Dubai gewinnt Irmgard Bensusan mit Gold die erste deutsche Medaille – und denkt anfangs, sie wäre Zweite geworden
Irmgard Bensusan hat mit ihrem Sieg über 200 Meter die erste Medaille für das deutsche Team bei der Para Leichtathletik-Weltmeisterschaft in Dubai (Vereinigte Arabische Emirate) geholt. Daneben gab es drei sechste Plätze: Für Maria Tietze und Nicole Nicoleitzik über 200 Meter in ihren Klassen, für Nele Moos im Weitsprung.
Irmgard Bensusan hatte 200 Meter lang gekämpft und beim Überqueren der Ziellinie laut geflucht. Die geborene Südafrikanerin dachte, sie wäre Zweite geworden – wie so oft zuvor. Sie nahm die deutsche Fahne und posierte für die Fotografen, immer noch in dem Glauben, Silber gewonnen zu haben. Doch beim ersten Interview wurde sie gefragt, wie sich der Sieg anfühlt: „Ich habe gewonnen?“ Dann kannte die Freude kaum noch Grenzen und das „tollpatschige Mädchen“, wie sie sich selbst auf Instagram bezeichnet, lachte über das Missverständnis: „Ich bin es wohl zu sehr gewohnt, Silber zu gewinnen.“
Zuletzt bei den Heim-Europameisterschaften in Berlin, als sie der niederländischen Konkurrentin Marlene van Gansewinkel über 100 Meter und 200 Meter unterlegen war. Doch in Dubai war Bensusan von Beginn an vorne und bekam Druck von einer anderen Niederländerin: Kimberly Alkemade, die auf den letzten Metern angeflogen kam und schließlich nur fünf Hundertstel hinter der Athletin vom TSV Bayer 04 Leverkusen ins Ziel gestürmt war. Bronze ging an die US-Amerikanerin Femita Ayanbeku, nachdem van Gansewinkel als Drittplatzierte disqualifiziert worden war. „Ich wollte es heute am meisten“, sagte Bensusan, die in London 2017 Weltmeisterin über 400 Meter geworden war, doch anschließend nahm das Internationale Paralympische Komitee (IPC) die Strecke aus dem Programm. Mit 26,93 Sekunden schnappte sie sich mit dem Sieg zudem den Championship Record in der Klasse T44. Nur das obligatorische Sieger-Eis war ausgeblieben, schließlich möchte sie am Dienstag noch Gold über 100 Meter holen: „Das wäre dann perfekt, denn Dienstag ist immer der Eis-Tag.“
Im gleichen Rennen hatte WM-Debütantin Maria Tietze, Bensusans Teamkollegin in Leverkusen, in 28,86 Sekunden auf der Innenbahn Rang sechs belegt. „Mit der Platzierung bin ich zufrieden, nicht aber mit der Zeit“, schlussfolgerte die ehemalige Fußballerin.
Auch für Doppel-Europameisterin Nicole Nicoleitzik hieß es über 200 Meter der Klasse T36 am Ende Platz sechs, nachdem sie in 31,71 Sekunden über die Ziellinie gesprintet war. Noch am Morgen beim Vorlauf war sie mit 31,63 Sekunden etwas schneller gewesen und hatte sich direkt für das Finale qualifiziert. „Jetzt ist aber die Luft raus“, sagte sie nach dem Endlauf.
Die 17-jährige Nele Moos landete bei ihrem ersten internationalen Start ebenfalls auf dem sechsten Platz im Weitsprung der Klasse T38. Die Junioren-Weltmeisterin von Nottwil 2019 zeigte sich beeindruckt von der Kulisse: „Gerade wenn noch Läufe waren, war das schon etwas ganz anderes.“ Bei viel Gegenwind traf sie das Brett nie richtig und blieb mit 4,49 Metern etwas unter ihrer Bestweite, zeigte aber, dass sie auch in Zukunft eine gute Rolle spielen kann.
Bundestrainerin Marion Peters war zufrieden nach Tag drei der WM: „Der Bann ist gebrochen, die erste Medaille war wichtig. Ich freue mich für Irmgard, Gold ist immer harte Arbeit und nie selbstverständlich. Nele hatte eine gute Premiere mit Platz sechs und die Bewährungsprobe bestanden. Es ist enorm wichtig, dass die Jungen von den Großen lernen. Und bei Nicole steht aktuell die Ausbildung im Vordergrund, um vor den Paralympics im kommenden Jahr den Rücken frei zu haben.“
Die deutsche Para Leichtathletik-Nationalmannschaft musste an Tag zwei der Weltmeisterschaften in Dubai (Vereinigte Arabische Emirate) die ersten Rückschläge verkraften. Während Hanna Wichmann mit Platz sieben eine schwierige Saison versöhnlich beendete, musste Katrin Müller-Rottgardt ihren Weitsprung-Wettbewerb verletzt aufgeben. Alhassane Baldé schied im Vorlauf über 800 Meter aus. „Das war ein schwieriger Tag. Aber wenn es an Tag zwei nicht sein soll, geht es für uns an Tag drei los“, resümierte eine optimistische Bundestrainerin Marion Peters.
Am Sonntag dürften die Highlights das Kugelstoßen mit Paralympicssieger Niko Kappel und der Weitsprungwettbewerb mit Weltrekordhalter Léon Schäfer sein.