Deutscher Rekord für Fischer – Kappel und Walser pünktlich in WM-Laune
Die kleinwüchsigen Kugelstoßer des VfB Stuttgart haben bei den Internationalen Deutschen Meisterschaften (IDM) in der Para Leichtathletik in Singen alles überstrahlt. Zwei Wochen vor der Weltmeisterschaft in Paris trumpften Yannis Fischer und Niko Kappel groß auf – genau wie eine Lokalmatadorin und ein Neuling, der sein WM-Debüt geben wird. Der Deutsche Behindertensportverband präsentiert die Ergebnisse und besonderen Leistungen gemeinsam mit der Heinz-Kettler-Stiftung.
Es war ein herausragender Kugelstoß-Wettbewerb, den die Fans bei der IDM in Singen präsentiert bekamen. Die Protagonisten: Yannis Fischer (Klasse F40) und Niko Kappel (F41), die beiden kleinwüchsigen Kugelstoßer des VfB Stuttgart. Fischer, der vor der Saison erst vom Stadt-Turnverein Singen in die Landeshauptstadt gewechselt war, genoss in seinem Geburtsort sogar noch den Heimvorteil. Kappel, der nach seiner Weltrekord-Saison 2022 bislang noch nicht richtig in Form gekommen war, wollte so kurz vor der WM in Paris, die am 9. Juli startet, allen beweisen, dass sich sein hartes Training auszahlen sollte.
Im vierten Versuch ging ein Raunen durch die Menge. 11,18 Meter für Fischer, nur einen Zentimeter unter seiner Bestweite, dem deutschen Rekord in der F40. Kappel hatte da schon zwei Stöße über 14 Meter – so viele wie zuvor in der gesamten bisherigen Wettkampfsaison. Dann Fischers fünfter Versuch: 11,20 Meter. Deutscher Rekord, Bestweite um einen Zentimeter verbessert, den deutschen Meistertitel eingesackt und es war zugleich ein Zeichen des EM-Dritten und Paralympics-Sechsten an die Konkurrenz: Bei seiner ersten WM wird mit dem 21-Jährigen zu rechnen sein, zumal er im letzten Versuch noch starke 11,17 nachlegte und seine Konstanz damit unter Beweis stellte.
Bei seinem Trainingskollegen Niko Kappel fiel nach dem letzten Stoß der geballte Druck der letzten Monate ab. Mit 14,84 Metern stieß er so weit wie zuvor nur bei seinen Weltrekorden 2022. Die drittbeste Weite seiner Karriere sicherte ihm Silber in Singen in der kombinierten Wertung hinter Fischer. Zudem war es eine klare Weltjahresbestleistung in der Klasse F41 und gleichbedeutend mit der Favoritenrolle bei der WM, die er jetzt gerne annimmt: „Ich bin mega erleichtert und total happy über den heutigen Wettkampf. Bereits im Training in der vergangenen Woche habe ich gemerkt, dass mein „Flow“ zurückkommt. Das gibt mir viel Selbstvertrauen für die Weltmeisterschaft in zweieinhalb Wochen in Paris.“ Passend dazu gelang der Niederländerin Lara Baars, die mit Fischer und Kappel bei Peter Salzer in Stuttgart trainiert, ebenfalls eine Bestweite, sodass alle für Paris gerüstet sind.
Auch für Rennrollstuhlfahrerin Merle Menje, die für den Stadt-Turnverein Singen startet und dort direkt neben der Leichtathletik-Anlage gerade ihr Abitur absolviert hat, waren die IDM ein gelungener Test auf dem Weg nach Paris, weil auch ihre starken Konkurrentinnen aus der Schweiz vor Ort waren. Herausragend präsentierte sich neben Fischer und Menje auch ein dritter WM-Debütant: Andreas Walser. Der sehbehinderte Shooting-Star vom TSV Schwaben Augsburg sprintete 11,47 Sekunden im Vorlauf und 11,50 Sekunden im Finale und zauberte dann noch 6,96 Meter in die Weitsprung-Grube. Seine bisherige Bestweite von 6,70 Metern hatte er schon im ersten Versuch um zehn Zentimeter überboten, im letzten Sprung packte er weitere 16 Zentimeter drauf – ganz zur Freude von Bundestrainerin Marion Peters: „Das war wirklich stark und lässt für Paris hoffen. Generell waren die IDM eine tolle Veranstaltung, weil erstmals auch die deutschen Gehörlosen-Meisterschaften parallel stattgefunden haben, was super funktioniert hat.“
Weitere Meistertitel mit guten Leistungen gab es für Diskuswerfer Alexander Ulrich mit 39,18 Metern und Hanna Wichmann mit deutschem Rekord im Keulenwurf über 19,54 Meter. Außerdem stachen die 4,16 Meter im Weitsprung von Laura Burbulla heraus, die 9,25 Meter im Kugelstoßen von WM-Debütantin Lisa Martin Wagner und der Triumph von Nicole Nicoleitzik über 100 und 200 Meter. Erfreulich war auch die Teilnahme der starken Konkurrenz vor allem aus der Schweiz und Neuseeland, die die IDM auf ein höheres Niveau gehoben haben.
Die Ergebnisse der deutschen Meisterschaften in den Para Sportarten werden in diesem Jahr von der Heinz-Kettler-Stiftung (HKS) präsentiert, um die Aufmerksamkeit für die deutschen Meisterschaften zu erhöhen und die außergewöhnlichen Leistungen der Athlet*innen sichtbarer zu machen. Die HKS wurde von Heinz Kettler und seiner Tochter Dr. Karin Kettler bereits im Dezember 1999 gegründet, um Sportler*innen mit Behinderung in ihrer Sportausübung zu unterstützen und den Inklusionsgedanken in die Praxis umzusetzen.
Text: Nico Feißt / DBS