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Zwischen großem Trubel und Ernüchterung
Eins, zwei, drei, vier, fünf – zählte Anna Schaffelhuber auf dem Siegertreppchen vor einem halben Jahr symbolisch. Auf den Tag genau sechs Monate ist es inzwischen her, dass die Monoskifahrerin bei den Paralympics in Sotschi Sportgeschichte geschrieben hat. Stolze fünf Goldmedaillen holte die 21-Jährige. Die letzte am 16. März im Riesenslalom, wenige Stunden später endeten die Winterspiele mit einer gigantischen Abschlussfeier.
Seitdem ist viel passiert. „Doch ich bin immer noch die Anna“, sagt Schaffelhuber. Vergessen hat sie die Glücksmomente in Sotschi freilich nicht. „Natürlich denke ich gerne zurück. Die Rennen, die Siegerehrungen, Eröffnungs- und Abschlussfeier – die Zeit in Sotschi war ein Riesenerlebnis“, erklärt die Bayerbacherin. Und äußerst erfolgreich. Fünf Starts, fünfmal Gold – mehr ging nicht. „Ich wusste zwar, dass ich sehr gut drauf war und dieses Ergebnis theoretisch möglich ist. Dass es dann aber auch wirklich fünfmal funktioniert, erst recht bei der schwierigen Piste – das ist der Wahnsinn. Jede Medaille hatte seine eigene Geschichte“, so Schaffelhuber. Es sind Geschichten, an die sie sich gerne erinnert. Und die sie häufig erzählen muss – oder besser: darf. Denn die beste Monoskifahrerin der Welt, die seit ihrer Geburt querschnittgelähmt ist, steht seit den Paralympics mächtig im Fokus. So ist der Trubel groß. Mit der gestiegenen Bekanntheit nehmen auch die Termine zu. Talkshows, Interviews, Empfänge, Ehrungen – das Programm, das „Gold-Anna“ nach Sotschi abgespult hat, war sportlich. „Zeit zum Durchschnaufen hatte ich eigentlich nur in meinem Urlaub. Langeweile kam jedenfalls nicht auf, ich muss ja auch noch trainieren“, lacht Schaffelhuber, die aufgrund der Terminflut sogar mit ihrem Studium pausierte. Lästig ist ihr die persönliche Popularität aber nicht. „Ich hoffe, dass dadurch auch der gesamte Sport mehr Aufmerksamkeit bekommt, und nicht nur alle paar Jahre bei den Paralympics präsent ist“, sagt die 21-Jährige.
Doch diese Rechnung geht nicht ganz auf, sagt Bundestrainer Justus Wolf. Denn bis auf Schaffelhuber und die anderen beiden deutschen Medaillengewinnerinnen, Andrea Rothfuss (einmal Gold, zweimal Silber) und Anna-Lena Forster (zweimal Silber, einmal Bronze), sei das Interesse recht schnell verflogen. „Wir hatten gehofft, dass der Schwung von Sotschi länger anhält und wir einen größeren Hype spüren. Allerdings sind die Paralympics vorbei, und von unserem Sport will kaum noch jemand etwas wissen“, erklärt Wolf und schiebt ernüchtert nach: „Als gesamtes Team haben wir wenig von der Euphorie mitgenommen. Man sei zurück im Alltag."
Dabei steht Anfang 2015 mit der Weltmeisterschaft in Kanada wieder ein großes Highlight auf dem Programm. Knapp ein Jahr nach Sotschi duelliert sich die Welt-Elite erneut um Titel und Medaillen. „Die Aufmerksamkeit wird dann wieder deutlich kleiner sein“, weiß Wolf. Dennoch ist die Vorfreude groß und die Athleten bereiten sich akribisch auf den anstehenden Winter vor. Am vergangenen Wochenende fand in Hintertux der erste Schnee-Lehrgang statt. Neben dem Nationalteam steht in dieser Saison besonders die Nachwuchsförderung im Fokus, damit neue Talente nachrücken. „Das ist ganz wichtig, um den Anschluss nicht zu verlieren und konkurrenzfähig zu bleiben“, sagt Wolf.
Trotz der vielen Hürden ist die Motivation beim deutschen Team groß. Und vielleicht sorgen neue Erfolge bei der WM für neuen Schwung. Dafür möchte nicht zuletzt auch Anna Schaffelhuber wieder sorgen.
Mehr Informationen zu Anna Schaffelhuber finden Sie unter www.deutsche-paralympische-mannschaft.de