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Deutschland holt sensationell Bronze bei Powerchair Hockey Europameisterschaft
Vom 13. bis 17. Juli fand die IWAS Powerchair Hockey Europameisterschaft im niederländischen De Rijp statt. Acht Nationen, ausgelost in zwei Gruppen, machten sich Hoffnung auf eine gute Platzierung. Top-Favorit waren die Gastgeber, die in der Geschichte des Sports bislang nur ein Spiel verloren (Endspiel der WM 2010 gegen Deutschland 6:7 n.V.). Ausgerecht unsere Mannschaft musste in der Vorrunde gegen den Titelverteidiger antreten, zumal man durch die Rücktritte des langjährigen Bundestrainers Deniz Genc, Rekordtorjäger Paul Emmering und Weltklassetorhüterin Olga Ulrich vermeintlich geschwächt ins Turnier ging. Außerdem traf das Deutsche Team noch auf EM-Neuling Spanien und die Schweiz. In der Gruppe B trafen Belgien, Italien, Finnland und Dänemark aufeinander.
Bereits im ersten Match spielten die Deutschen gegen die Niederlande, wo Bundestrainerin Margot Kainz offenbar die richtige Taktik wählte. Das Team ging mit einer 1:0 Führung in die Halbzeitpause. Auch in der zweiten Hälfte gestalteten die jungen Spieler unserer Auswahl das Spiel lange offen, ehe man sich am Ende doch mit 2:4 der größeren Routine geschlagen geben musste. Bitterer als die Niederlage wog aber die Rote Karte für den zweifachen Torschützen Nasim Afrah, der wegen einer Verletzung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit nun für das nächste Spiel gesperrt war.
Gegen Spanien sollte eigentlich nichts schief gehen und die Punkte waren ohnehin für den angestrebten Halbfinaleinzug eingeplant, doch die Iberer erwiesen sich als Prüfstein für die deutschen Farben. Eine 4:0-Pausenführung sorgte dann aber zunächst für etwas Ruhe auf der deutschen Bank, ehe die Schiedsrichter durch kleinliche Regelauslegung wieder unnötig Hektik in das Spiel brachten. Am Ende gelang es aber trotz der vier Zeitstrafen und vier gegebenen Strafschüssen gegen unser Team doch, das Spiel mit 9:4 zu gewinnen.
Somit kam es im letzten Gruppenspiel gegen die Schweiz zum erwarteten Endspiel um den zweiten Tabellenplatz und die damit verbundene Halbfinalteilnahme. Die Eidgenossen siegten fünf Monate zuvor gegen die Deutschen beim 6-Nationen-Turnier in Lignano/Italien mit 8:1 und waren somit Favorit. Dennoch wollte das Team unbedingt Revanche und insbesondere der von seiner Sperre zurückkehrende Nasim Afrah war von den Schweizern nicht zu bremsen. Alleine ihm gelangen fünf Tore, welche ausgiebig bejubelt wurden. Deutschland spielte hochüberlegen und gewann am Ende trotz einiger Konzentrationsfehler locker mit 8:3.
Damit war das ausgemachte Ziel bereits erreicht, aber natürlich lockte die Finalteilnahme. Gegen Italien hatte eine Deutsche Nationalmannschaft bei einem großen Turnier noch nie verloren, doch wie schon die Fußballspieler dieses Jahr bewiesen, ist dies anscheinend nicht der Sommer der Serien. Im ersten Abschnitt hielt man gut mit und ging sogar in Führung, aber individuelle Fehler brachten das Team immer wieder in Rückstand. Die abgezockten Azzurri, angetrieben von ihrem sangesfreudigen Anhang, nutzten die Fehler eiskalt aus und gewannen am Ende verdient mit 6:3. „Bitter und unnötig“, so der einheitliche Tenor, aber aus solchen Niederlagen wächst man.
Die Finalteilnahme war also verpasst worden, doch die Aussicht auf Edelmetall sorgte noch am späten Abend für Aufbruchstimmung unter den Spielern. Im Kleinen Finale ging es gegen den Vize-Weltmeister und Vize-Europameister aus Belgien, die nur hauchdünn in ihrem Halbfinale der Niederlande unterlagen. Kurz vor dem Ende der Partie handelte sich der belgische Starspieler Björn Sarrazin aufgrund einer Unsportlichkeit die Rote Karte ein und war für das Spiel um Platz 3 gesperrt. Das Deutsche Team war ungewöhnlich unkonzentriert am Anfang, vergab klarste Torchancen und legte sich hinten selbst ein Tor ins Netz. Eine Auszeit brachte die Mannschaft wieder auf die richtige Spur und eine 4:1 Halbzeitführung sorgte für Ruhe. Im zweiten Abschnitt brachen die Belgier komplett ein und kassierten Tor um Tor. 9:1 – so lautete der Endstand und der Jubel kannte keine Grenzen mehr. Mannschaft und Fans stimmten gemeinsam die HUMBA an und die ein oder andere Freudenträne wurde mit einem breiten Lächeln weggewischt.
„Das ist schon ein kleines Märchen. Was hier die letzten Tage los war, das ist sensationell. Wir kamen hierher als Underdogs und kommen mit der Bronzemedaille um den Hals nach Hause. Ich denke, wir haben Deutschland stolz gemacht.“, so der sichtlich zufriedene Kapitän Jörg Diehl. Die Niederlande setzte sich abermals die Krone auf, gewann das einseitige Finale mit 7:2.
Nominiert waren (Tore): Nasim Afrah (15), Kaan Sisik (9), Eva-Maria Berndl (3), Stefan Utz (2), Sandra Steiner (1), Andreas Vogt (1), David Bauer, Jörg Diehl, Stephan Mägele und Anna Schütz
Quelle: Julian Wendel