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Interview mit Andrea Rothfuss
Paralympics-Siegerin Andrea Rothfuss: „Ohne Deutsche Bank Sport-Stipendium würden Sport und Studium sehr leiden“
Andrea Rothfuss gewann bei den Paralympics 2014 in Sotschi die Goldmedaille im Slalom sowie jeweils die Silbermedaille im Riesenslalom und in der Super-Kombination. Parallel zu ihrer Sportkarriere studiert die gebürtige Schwarzwälderin, der seit Geburt die linke Hand fehlt, Soziologie in Innsbruck. Sie ist eine von aktuell rund 300 deutschen Spitzenathleten, die das Deutsche Bank Sport-Stipendium erhält. Anlässlich der aktuellen Erhöhung auf 400 Euro sprach die Sporthilfe mit der 25-Jährigen über die Vereinbarkeit von Sport und Studium.
Du hast dir mit dem Titel bei deinen dritten Paralympics deinen großen Traum von einer Goldmedaille erfüllt. Bist du trotzdem motiviert in die neue Saison gegangen?
Als vor Weihnachten die ersten Wettkämpfe wieder anstanden, war ich wieder voll motiviert, da hat mich der Ehrgeiz gepackt. Aber nach Sotschi war in der Tat die Luft etwas raus gewesen, der große Traum hatte sich erfüllt. Von daher hatte ich etwas Probleme, den normalen Trainingsalltag wieder aufzunehmen, auch weil ich erfreulicher Weise einige Empfänge hatte und zu Events eingeladen wurde. Da muss man erstmal auf dem Boden der Tatsachen wieder ankommen.
Heißt das, dass sich durch die Goldmedaille viel bei dir verändert hat in Hinblick auf Aufmerksamkeit und Sponsoren?
Die Aufmerksamkeit war schon vorher da, bereits in den letzten Jahren gab es eine extreme Steigerung durch die Medien, auch durch Social Media. Inzwischen können die Leute auf der Straße mit dem Begriff Paralympics etwas anfangen. Auch werde ich schon mal zu Autogrammstunden und Ähnlichem eingeladen. In puncto Sponsoren hat sich allerdings noch nichts verändert, das braucht wohl noch ein bisschen Zeit.
Über die Deutsche Sporthilfe bekommst du als Studentin das Deutsche Bank Sport-Stipendium, das jetzt aktuell um 100 Euro auf insgesamt 400 Euro erhöht wurde. Was bedeutet das für dich?
Das ist eine richtig große Hilfe, denn damit kann ich die Grundkosten für Miete, Bücher etc. decken. Hätte ich das Stipendium nicht, bräuchte ich einen Nebenjob – aber dann auch gleich noch einen 36-Stunden-Tag, um den Job irgendwo unterzubringen. Ohne das Stipendium würden Sport und Studium sehr leiden. Oder ich würde mich bei der Verwandtschaft unbeliebt machen, weil ich ständig versuchen müsste, bei ihr das Geld zusammenzukratzen.
Wie schaffst du es, die Doppelbelastung von Sport und Studium zu meistern?
Ich sag immer, wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg. Ich bin zum Studieren nach Österreich, nach Innsbruck gegangen, weil es dort keine Studiengebühren gibt. Allerdings macht es die Uni einem nicht leicht, selbst die österreichischen Sportler haben es schwer. Ich habe manchmal das Gefühl, dass man als Deutsche nicht so gern gesehen ist, weil die
Österreicher das Gefühl haben, dass man ihnen die Plätze klaut, weil es z.B. in Medizin keinen NC gibt. Ich bin aber natürlich in erster Linie wegen der Berge nach Innsbruck, so dass ich parallel zum Studium viel auf Schnee trainieren kann. Trotzdem ist es während des Winters schwierig, regelmäßig die Kurse und Vorlesungen zu besuchen. Dafür sind wir einfach zu viel unterwegs. Ich versuche deshalb, im Wintersemester mich in die Themen so gut wie möglich einzulesen, mitzunehmen, was geht, damit ich dann im Sommer meine Prüfungen machen kann. Das bringt natürlich eine entsprechend längere Studienzeit mit sich.
Befürchtest du somit aufgrund der am Studienende höheren Semesteranzahl Probleme bei der späteren Jobsuche?
Es ist natürlich nicht hilfreich, wenn man statt sechs oder sieben Semestern dann am Ende zwölf oder 13 in seiner Bewerbung stehen hat. Ich bin deshalb sehr froh, dass die Sporthilfe die Initiative „Sprungbrett Zukunft“ ins Leben gerufen hat. Es ist gut zu wissen, dass ich darauf zurückgreifen kann. Das nimmt einem die Zukunftsangst. Und die Wirtschaft ist offensichtlich bereit zu helfen. Das macht einen auch stolz, denn es zeigt, dass die Leistung anerkannt wird.
Bist du denn unter den Umständen motiviert, bis zu den nächsten Paralympics, die dann deine vierten wären, weiterzumachen?
Ja, das ist schon wieder mein Fernziel. Aber jetzt konzentriere ich mich erstmal auf diese Saison. Morgen geht es nach Spanien zu den ersten Weltcuprennen. Und das große Saisonziel ist natürlich die Weltmeisterschaft Anfang März in Kanada.
Die Deutsche Bank hat das 2012 eingeführte „Deutsche Bank Sport-Stipendium“ für alle Sporthilfe-Studenten zum Jahresbeginn um 100 Euro auf 400 Euro monatlich erhöht. Aktuell profitieren rund 300 Sporthilfe-geförderte Athleten vom Programm, das mit dem dritten Semester einsetzt und mit einem Zeitbonus über die Regelstudienzeit hinaus gewährt wird. Die besonderen Leistungen der studierenden Athleten sollen zudem mit der Wahl zum Sport-Stipendiaten des Jahres zusätzlich herausgestellt und gewürdigt werden. Preisträger 2013 war Hockey-Olympiasieger und Medizinstudent Martin Häner, 2014 Malaika Mihmabo, U-20-Europameisterin im Weitsprung und Studentin der Politikwissenschaft.
Quelle: Deutsche Sporthilfe