Aktuelles aus dem Bereich Leistungssport
Hauptpreis geht an den FC St. Pauli
Im Mannheimer Rosengarten werden am kommenden Freitag (27.3.15) die Sepp-Herberger-Urkunden 2015 verliehen. Insgesamt zehn Fußballvereine erhalten in den Kategorien Behindertenfußball, Resozialisierung, Schule und Verein sowie Sozialwerk die mit Geldpreisen in einer Gesamthöhe von 35.000 Euro dotierten Auszeichnungen. Platz 1 in der Kategorie Behindertenfußball belegen die Blindenfußballer des FC St. Pauli.
Nachfolgend stellt der freie Journalist Rainer Kalb den Sieger vor:
"Es geht, das muss so gesagt werden dürfen, der Profimannschaft des FC St. Pauli derzeit nicht gut. Dem Blindenfußball aber hervorragend, wobei dem Verantwortlichen Wolf Schmidt allein bei dem Begriff schon ein leichtes Zucken durchfährt. Doch dazu später mehr.
Zunächst bleibt festzuhalten, dass der FC St. Pauli bei der Verleihung der diesjährigen Sepp-Herberger-Urkunden im Bereich Behindertenfußball von der Sepp-Herberger-Stiftung des Deutschen Fußball-Bundes den 1. Platz zuerkannt bekommen hat. Dies vor allem, weil der Blindenfußball im Klub keine eigene isolierte Abteilung bildet, sondern mit vollen Rechten und Pflichten (Beitragshöhe) in die Fußball-Abteilung integriert ist.
Innerhalb dieser Abteilung splittern sich die „Blinden“ – pardon, Herr Schmidt – auf. Es gibt eine Gruppe Ü40, es gibt eine Gruppe Blindenfußball-Bundesliga, es gibt die auf Aufbau und Ausbildung ausgerichtete Jugendarbeit. Darüber hinaus wird am gemeinsamen Schul- und Vereinssportunterricht mit Nicht-Behinderten gearbeitet. Wolf Schmidt dazu: „Wir müssen über den Tellerrand hinausschauen.“
Wenn Schmidt auf einem Platz den Ruf „Du Blinder“ hört, könnte er aus der Haut fahren. Für ihn ist das eine Beleidigung. Allenfalls lässt er noch durchgehen, wenn von „blindem Verständnis“ gesprochen wird. Schon der Begriff vom „blind gespielten Pass“ ist für ihn grenzwertig. Er benutzt lieber die englische Formulierung „No Look-Pass“, der im „sehenden“ Fußball gefeiert wird, und ergänzt: „Im Blindenfußball ist das gesamte Spiel von der ersten bis zur letzten Sekunde ein ‚No Look‘-Teamspiel, bei dem blinde Feldspieler und Sehende gemeinsam agieren.“ Schmidt hat ein feines Sprachgefühl, denn nebenher kommentiert er auch Spiele des FC St. Pauli für das Blindenradio.
Auf zwei Dinge sind sie beim FC St. Pauli noch besonders stolz. Zum einen haben sie neben der Hamburger Blindenschule einen eigenen Trainingsplatz nur für blinde und sehbehinderte Sportlerinnen und Sportler eingerichtet. Er wurde von den Gründern des Blindenfußballteams, dem blinden Ehepaar Katja und Michael Löffler, gemeinsam mit dem Amateurvorstand des FC St. Pauli maßgeblich geplant und umgesetzt. Eine solche Zusammenarbeit ist nicht selbstverständlich.
Zum anderen ist es ihnen gelungen, Serdal Celebi auf die Teilnahme an der Blinden-Fußballweltmeisterschaft 2014 in Tokio vorzubereiten. Dazu wurden individuelle Bausteine für professionelles, leistungsorientiertes Einzeltraining entwickelt. Serdal ist mittlerweile paralympischer B-Kader-Athlet, der erste blinde Hamburger, der das geschafft hat.
Im außersportlichen Leben arbeitet er, wie so viele Sehbehinderte, im Bereich der Physiotherapie und wendet Trainingsformen aus dem Blindenfußball, beispielsweise Einbeinstabilität mit Rasselball, in der Alltagspraxis an.
Erhalten hat den mit 5.000 Euro dotierten Preis der Sepp-Herberger-Stiftung der FC St. Pauli - vor allem auch wegen seines Bemühens, immer neue Wege zu finden und zu gehen. So wurde 2014 in Anlehnung an das bestehende DFB & McDonald’s Fußball-Abzeichen ein Blindenfußball-Abzeichen entwickelt. Darüber hinaus werden 2015 Maßnahmen im Blinden-Jugendbereich durchgeführt, um die Erfahrungen aus dem Hamburger Stadtteil in andere Regionen Deutschlands zu tragen. Da spricht es für sich, dass schon seit geraumer Zeit ein Kontakt nach Brünn (Tschechien) besteht."
Die weiteren Plätze in der Kategorie Behindertenfußball belegen der RSV Salzwedel (Sachsen-Anhalt; 2. Platz) sowie Axel Müller vom SV Oppum (Niederrhein; 3. Platz).
Quelle: DFB-Stiftung Sepp Herberger