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Dramatik pur: Deutsche Damen gewinnen WM-Silber
Bogensport-WM: Spannendes Goldfinale, Gänsehautatmosphäre und mindestens zwei Tickets nach Rio
Was für eine Dramatik. Spannender hätte das Finale um Gold bei der Heim-Weltmeisterschaft im Bogenschießen in Donaueschingen (Baden-Württemberg) nicht sein können. Auf den Rängen im Fürstlichen Reitstadion herrschte Gänsehautatmosphäre, die Bogenschützinnen aus Russland und die Lokalmatadorinnen aus Deutschland lieferten sich ein unglaubliches Match. Erst im Stechen setzten sich die Russinnen hauchdünn mit zwei Ringen Vorsprung vor dem deutschen Compound-Trio durch. Welch ein Spektakel. Und beim deutschen Team von Cheftrainer Mathias Nagel herrschte dennoch Zufriedenheit: nicht nur über die gewonnene Silbermedaille, sondern vor allem auch über mindestens zwei von fünf möglichen Tickets nach Rio de Janeiro. Die Startplätze für Deutschland holten Jennifer Heß und Uwe Hertel. Gute Chancen hat auch noch Michael Müller, der allerdings noch die endgültige Berechnung des komplexen Listensystems abwarten muss. Die Compound-Damen sowie die Recurve-Herren hatten im Einzel hingegen starke Gegner zugelost bekommen und schieden früher als erhofft aus.
Enttäuschung wollte allerdings nicht aufkommen. Das hatte vor allem zwei Gründe: „Zum einen ist das internationale Niveau inzwischen wahnsinnig hoch und die Leistungsdichte extrem, zum anderen war es für uns ein Riesenereignis. So etwas habe ich noch nie erlebt“, freut sich Teammanager Matthias Meudt. Gigantisch, fantastisch, phänomenal – dem deutschen Team gingen fast die Superlative aus, um das Erlebte in Worte zu fassen. Vor allem beim Goldfinale der Compound-Damen war die Atmosphäre unglaublich. „Diese Kulisse war ein Traum, sowohl von der Anzahl her als auch von der Lautstärke. Die Zuschauer sind richtig mitgegangen. Wir haben so etwas nie im Leben erwartet. Es war eine tolle Belohnung für zwei Jahre intensive Vorbereitung auf unsere Heim-WM“, berichtet Meudt.
„Das war Werbung für den Bogensport und den Behindertensport“
Dafür sorgten nicht zuletzt die Schützinnen mit Weltklasse-Leistungen. „Das war Werbung für den Bogensport und für den Behindertensport“, betont Meudt und fügt hinzu: „Beide Teams hätten mit diesen Leistungen auch bei der WM der Nichtbehinderten in Kopenhagen problemlos mithalten können.“ Vanessa Bui, Karina Granitza und Lucia Kupczyk lieferten sich mit den russischen Vollzeitsportlerinnen ein grandioses und hart umkämpftes Match. Bei der Neuauflage des EM-Finals von 2014 begegneten sich beide Teams auf Augenhöhe. Die Spannung war greifbar, bis zum letzten Schuss. 24 Pfeile feuerten beide Mannschaften ab, dann jubelten die Russinnen. Ein Ring mehr, 224:223 leuchtete auf der Anzeigentafel. Doch es folgte überraschend eine Trefferkorrektur, auch die Russinnen hatten 223 Ringe. Unentschieden, Stechen, wieder alles auf Null. Dramatik pur. „Ich habe zur Tribüne geguckt und auf einmal gab es Riesenjubel. Ich hatte Gänsehaut und stand direkt wieder unter Strom“, sagt Karina Granitza. Im spannenden Shoot-off setzte sich Russland dann allerdings mit 28:26 durch und holte Gold. „Wir waren aber nicht enttäuscht, sondern haben uns direkt gefreut und Silber gewonnen. Es entscheidet eben die Tagesform und das Quäntchen Glück“, so Granitza.
Nach dem aufregenden und unvergesslichen Erlebnis freut sich die 29-Jährige aus Soest nun über ein wenig Ruhe. „Wir haben so hart trainiert und die Tage hier waren sehr nervenaufreibend. Jetzt kommt der Bogen erst einmal für ein paar Wochen in den Schrank“, lacht Granitza. Doch schon im April folgt die Europameisterschaft. Dann will das deutsche Team Revanche nehmen für das knapp verlorene Goldfinale – und weitere Startplätze für die Paralympischen Spiele in Rio ergattern. „Dabei haben wir jetzt schon so viele geholt wie seit 2003 nicht mehr bei einer WM, wenn wir den dritten Platz auch noch bekommen“, sagt Matthias Meudt. Der große Aufwand – er hat sich gelohnt.
Bei der Weltmeisterschaft in Donaueschingen gingen 290 Athletinnen und Athleten aus 46 Nationen und von allen fünf Kontinenten an den Start. Es war die größte WM im Bogensport von Menschen mit Behinderung aller Zeiten. 180 freiwillige Helferinnen und Helfer sorgten dabei für große Unterstützung und einen tollen Rahmen. Auch zahlreiche Zuschauer kamen gerade zur Eröffnungsfeier und zum Abschluss-Wochenende ins Fürstliche Reitstadion und sahen beeindruckende sowie spannende Wettkämpfe. Die Medaillenentscheidungen am Samstag und Sonntag wurden via Sportdeutschland.TV live übertragen.