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Bogensport-WM: „Eine ganz besondere Anspannung“
Mit Konzentration und Zielgenauigkeit wollen die deutschen Bogensportler in Donaueschingen vor allem Startplätze für Rio sichern
Die Vorfreude ist groß, doch die Anspannung ebenso. Nicht nur bei Vanessa Bui, dem Küken in der deutschen Nationalmannschaft im paralympischen Bogensport. Schließlich steht die Heim-Weltmeisterschaft in Donaueschingen (Baden-Württemberg) unmittelbar vor der Tür (23. bis 30. August 2015). „Wir freuen uns total und fiebern den Wettbewerben entgegen. Wir haben viel von den Vorbereitungen vor Ort mitbekommen, das klingt sehr vielversprechend“, sagt die 22-Jährige aus Fürstenfeldbruck (Bayern). Im Fürstlich Fürstenbergischen Park wird es nach der Eröffnungsfeier am Sonntag (17 Uhr) ab Montag ernst. Dann sind Konzentration und Zielgenauigkeit gefragt, denn das achtköpfige deutsche Aufgebot von Cheftrainer Mathias Nagel möchte nicht nur um Medaillen kämpfen, sondern sich auch die begehrten Startplätze für die Paralympischen Spiele in Rio 2016 sichern.
„Wir haben uns gut vorbereitet und waren bei den vergangenen Wettkämpfen erfolgreich unterwegs. Ich möchte im Einzel einen Quotenplatz für Rio holen und mit der Mannschaft im Bestfall die Goldmedaille“, sagt Vanessa Bui, die gemeinsam mit ihren Mannschaftskolleginnen Karina Granitza und Lucia Kupczyk amtierende Team-Europameisterin und -Weltrekordinhaberin mit dem Compound-Bogen ist. So zählt das Trio zum Kreis der Favoriten auf den WM-Titel vor heimischem Publikum, die größten Konkurrentinnen kommen aus Russland. Allerdings ist der Teamwettkampf der Damen keine paralympische Disziplin. In Rio wird es neben den Einzel- noch Mixed-Wettbewerbe geben. Dort wird bei der WM nur eine der drei Bogenschützinnen den Platz im Mixed neben Michael Müller (Feldbogen Club Hamburg) besetzen können. Vanessa Bui hätte freilich nichts dagegen, wenn die Wahl auf sie fallen würde. Allerdings gehört die 22-Jährige erst seit einem Jahr zur Nationalmannschaft. Im Bogensport ist sie hingegen schon wesentlich länger aktiv. „Ich bin 2007 zufällig auf der Internetseite meines Vereins Bogensport Fürstenfeldbruck gelandet. Es hat mir auf Anhieb viel Spaß gemacht, ich bin dabei geblieben und bis heute nicht mehr davon weggekommen“, erklärt Bui, die eine Gehbehinderung sowie Einschränkungen im rechten Arm hat.
„Der größte Gegner? Das sind wir selbst!“
In ihrem Verein ist sie die einzige mit Handicap, bei der Weltmeisterschaft in Donaueschingen sind es hingegen rund 280 Sportlerinnen und Sportler mit Behinderung aus fast 50 Nationen – damit wird es eine der größten Veranstaltungen im paralympischen Bogensport aller Zeiten. Und die Konkurrenz ist groß. „Das Niveau ist in den vergangenen Jahren enorm angestiegen. Nicht nur unsere Athletinnen und Athleten haben sich gut vorbereitet“, weiß Cheftrainer Mathias Nagel. Während seine Sportler eigentlich Amateure seien, die ihren Sport so intensiv wie möglich neben Beruf oder Studium betreiben, seien beispielsweise die russischen Athleten Vollzeitbogensportler. „Ähnliches gilt auch für eine Reihe anderer Nationen, die finanziell sehr gut aufgestellt sind“, sagt Nagel.
Doch wer sind die größten Gegner für das deutsche Team auf dem Weg nach Rio? „Das sind wir selbst“, betont Teammanager Matthias Meudt und fügt erklärend hinzu: „Bogensport ist in erster Linie eine Auseinandersetzung mit sich selbst. Gewinne ich diesen Kampf, habe ich die besten Chancen auf die Plätze weit vorne. Uns muss es gelingen, unseren Rhythmus zu schießen und unsere Fähigkeiten abzurufen.“ So sorge die spezielle Situation im Rahmen der Heim-WM sowohl für eine Extra-Portion Motivation als auch für höheren Druck. „Die Vorfreude und zugleich die Belastung durch die Tatsache, dass es vor heimischem Publikum um Quotenplätze für Rio 2016 geht, wechseln sich derzeit permanent ab“, sagt Cheftrainer Mathias Nagel.
Die Form stimmt. Jetzt geht es darum, vor heimischer Kulisse auf den Punkt Topleistungen abzurufen. Neben Konzentration und Zielgenauigkeit kommt es natürlich auch auf das Quäntchen Glück bei den Gegnern in der Matchrunde an. Die Medaillen werden am Samstag, 29. August, und Sonntag, 30. August, vergeben. Dann wissen die deutschen Athletinnen und Athleten auch, ob sie sich für die Paralympics qualifiziert haben oder noch zittern müssen. Nach der Heim-WM gibt es nur noch zwei weitere Chancen: bei der EM im April 2016 und bei einem Weltranglistenturnier im Juni 2016.
Das deutsche WM-Aufgebot: Jennifer Heß (Hamburger Bogenschützen Gilde), Lucia Kupczyk (Bogensport Laichinger Alb), Karina Granitza (CfB Soest), Vanessa Bui (Bogensport Fürstenfeldbruck), Michael Müller (Feldbogen Club Hamburg), Maik Szarzewski (SC Vöhringen), Uwe Herter (VfL Sindelfingen), Mario Oehme (Integra Gera).
Alle Informationen rund um die Weltmeisterschaft in Donaueschingen gibt es unter www.donau2015.com. Tickets kosten einmalig 5 Euro für alle Qualifikationstage (24.-28. August) oder einmalig 15 Euro inklusive der beiden Finaltage (24.-30. August). Kinder bis einschließlich 14 Jahren haben freien Eintritt.