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Blindenfußball-EM: Alles oder nichts
Ehrgeizige Ziele trotz Verletzungspech: Finale und Paralympics-Qualifikation im Blick
Wie die Nationalmannschaft von Joachim Löw in Rio de Janeiro jubeln – das würden zu gerne auch die deutschen Blindenfußballer im kommenden Jahr. Doch vor einer möglichen Teilnahme an den Paralympics in Brasilien steht noch eine hohe Hürde. Das Team von Cheftrainer Ulrich Pfisterer kämpft bei den Europameisterschaften vom 22. bis 29. August 2015 im englischen Hereford nicht nur um den Titel. Zehn Nationen spielen in zwei Gruppen auf dem Gelände des „Royal National College for the blind“ auch um die Qualifikation für die Paralympischen Spiele in Rio 2016.
Die deutsche Nationalmannschaft trifft in der Gruppenphase auf die Türkei, Italien, Polen und England. Als stärkste Konkurrenten sieht Teammanager Rolf Husmann die Mannschaften aus England und der Türkei. Daher wird gleich das erste Spiel der Deutschen ein wichtiges und richtungweisendes für das gesamte Turnier sein. Am Samstag 20.30 Uhr deutscher Zeit (19.30 Ortszeit) wird die Partie gegen die Türkei angepfiffen, dessen Sieger gute Chancen auf den Einzug ins Halbfinale hat. „Wir müssen von Anfang an unsere Leistung abrufen und voll konzentriert sein“, fordert Husmann.
Großes Verletzungspech vor dem Saisonhöhepunkt
Diese Konzentration ist mit Blick auf die kürzlich eingetretenen Verletzungen der Spieler besonders wichtig. Beim letzten Testspiel Ende Juli gegen Spanien haben sich gleich drei Akteure verletzt – vier Wochen vor dem Saisonhöhepunkt eine bittere Bilanz. „Das hat uns hart getroffen“, sagt Teammanager Husmann. Ali Can Pektas fällt mit einem Kreuzbandriss definitiv für die EM aus. Für ihn startet Sebastian Schäfer. Alexander Fangmann zog sich gegen den amtierenden Europameister einen Außenbandriss im Sprunggelenk zu, befindet sich aber in der Aufbauphase und wird in England spielen können. Auch Vedat Sarikaya verletzte sich mit einer schweren Knochenprellung im Sprunggelenk. Seine Teilnahme in England ist noch ungewiss. Nach den ohnehin schon vielen schlechten Nachrichten folgte ein weiterer herber Rückschlag: Kurz vor der EM erlitt Mulgheta Russom bei einem Unfall eine Gehirnerschütterung und innere Verletzungen, sodass auch er für das so wichtige Turnier ausfällt.
Präsentierte sich der Kader noch vor wenigen Wochen in Bestform, reduzierte er sich zuletzt schlagartig. Wichtige Säulen werden fehlen, dabei wollen die deutschen Blindenfußballer sich unbedingt den Traum von Rio erfüllen. Teammanager Rolf Husmann und Cheftrainer Ulrich Pfisterer haben auf die Verletzungsmisere schnell reagiert und mit der Nachnominierung des talentierten Rasmus Narjes personell aufgestockt.
Nachnominiert: 15-jähriges Talent mit Bundesligaerfahrung
Mit seinen erst 15 Jahren ist er das Küken im Team, hat jedoch schon einige Bundesligaspiele und internationale Klubturniere absolviert. Pfisterer und Husmann sind sich sicher, dass Rasmus Narjes sich in der Nationalmannschaft gut einfinden wird, da die Spieler sich aus der Bundesliga bereits kennen.
Mit Blick auf den Saisonhöhepunkt in England haben alle Kicker im Zuge der Vorbereitung einen enormen Aufwand betrieben. „Die Mannschaft war noch nie so leistungsfähig wie jetzt“, so Husmann über das gut geformte Team. Zudem konnte in mehreren Lehrgängen fleißig gearbeitet werden und damit noch intensiver als in den Vorjahren. Zuletzt standen aufgrund der kurzfristigen Ausfälle die Suche nach der Grundformation und das Verfeinern von Spielzügen im Mittelpunkt.
„Wir haben allerdings keine strukturellen Veränderungen mehr vorgenommen. Die Jungs sind auf ihren Positionen eingespielt und wir haben großes Vertrauen in die Mannschaft, dass sie bei der EM eine gute Leistung abliefern wird“, betont Teammanager Husmann. Trotz aller Umstände, das Ziel steht fest: die Paralympischen Spiele in Rio 2016. Dazu muss es das Team allerdings bis ins Finale schaffen, denn der Erst- und Zweitplatzierte der Europameisterschaften qualifiziert sich automatisch für eine Teilnahme am Zuckerhut. „Ohne Verletzungen waren unsere Chancen freilich noch besser – jetzt laufen wir ziemlich auf dem Zahnfleisch“, erklärt Husmann die ungünstige Lage, ohne große personelle Optionen antreten zu müssen. „Doch keiner lässt sich trotz Skepsis von unserem großen Ziel abhalten.“ Alle teilnehmenden Spieler sind gut vorbereitet und werden ihr Bestes geben. Und eins ist jedenfalls jetzt schon sicher –Spannung ist garantiert.