Aktuelles vom Blindenfußball
Bericht der deutschen Schiedsrichter von der EM in Nantes
-Ein Bericht von Niels Haupt-
Seit nunmehr 2 Jahren gibt es in Deutschland eine Blindenfußball-Bundesliga, doch das Thema Blin-denfußball ist international nicht so neu.
Bereits seit den 60er Jahren wird Blindenfußball in Brasilien und Spanien gespielt. Weitere Länder folgten wie jüngst auch Deutschland.
Bereits zum siebten Mal wurde kürzlich die Europameisterschaft ausgetragen. Zehn Nationen ent-sendeten ihre Nationalmannschaften nach Nantes /Frankreich.
Europameister wurde Frankreich in der Kategorie B1 (ohne Sehkraft) und Weißrussland in der Kate-gorie (B2/B3 – mit Sehbehinderung).
Die deutsche Nationalmannschaft, die lediglich in Kategorie B1 startete belegte bei Ihrer zweiten EM-Teilnahme einen tollen 5. Platz. Nach den Gruppenspielen in der Favoritengruppe gegen den späteren Vizeeuropameister England (1:4), Europameister Frankreich (0:2) und Italien (4:0) besiegte das Team von Bundestrainer Uli Pfisterer die Türkei im Platzierungsspiel in einem packenden Match mit 2:1.
Erstmals mit dabei waren auch 2 deutsche Schiedsrichter:
Ilja Bode (Kreis Rotenburg) und Niels Haupt (Kreis Hannover). Die beiden Niedersachsen wurden auf Empfehlung des Deutschen Behindertensportverbandes (DBS) von der IBSA nominiert und reisten am 25. Juni zur Europameisterschaft im Blindenfußball nach Nantes.
In einem dreitägigen Seminar wurden Sie zusammen mit 16 weiteren Schiedsrichtern aus 8 Nationen auf die Europameisterschaft vorbereitet. Die IBSA-Instrukteure Lionel Fisdel aus Argentinien und Arnaud Della Pia aus Frankreich arbeiteten insbesondere an der einheitlichen Regelauslegung der national sehr unterschiedlich gehandhabten Regularien.
Neben der sprachlichen Barriere, waren insbesondere auch die unterschiedlichen Philosophien auf einen einheitlichen Nenner zu bringen. FIFA, wie auch IBSA-Sprache ist englisch und teilweise machen es die unterschiedlichen Dialekte sehr schwierig einander zu verstehen. „Aber zu Not haben wir ja auch Hände und Füße“, bemerkte Ilja Bode angesprochen auf diese Problematik.
Als ein weiterer wichtiger Punkt in dem Seminar stellte sich die Kommunikation mit den blinden Spielern heraus. Im Vergleich zum traditionellen Fussball kann man als Schiedsrichter beispielsweise Emotionen nicht mit Mimik und Gestik, sondern lediglich mit der Stimme begegnen. So wurde hier insbesondere Stimmmodulation trainiert. In einer weiteren Einheit wurden die Schiedsrichter in die Lage der Spieler versetzt und mussten gemeinsam Aufgaben lösen ohne ihr Augenlicht zu benutzen. Hier wurde deutlich wie wenig sehende Menschen ihr Gehör einsetzen. „Ich habe Dinge gehört, wie das Gras wenn es von den Schuhen heruntergetreten wird, eine sehr wertvolle Erfahrung“, sagte Niels Haupt. Der 36jährige Hannoveraner der während des gesamten Turniers im Bereich B1 eingesetzt wurde konnte seine Erfahrungen am Eröffnungsspieltag gleich in die Tat umsetzen. Bereits beim im Anschluss an die Eröffnungsfeier statt findende Prestigeduell Frankreich gegen Italien debütierte er als dritter Schiedsrichter. Vor einer unglaublichen Kulisse für ein Blindenfußballspiel von über 1000 Zuschauern sammelte er die ersten internationalen Erfahrungen. Bereits am Folgetag stand die Feuertaufe als 2. Schiedsrichter auf dem Feld bei der Begegnung Türkei gegen Weissrussland an."Das Spiel war relativ einfach zu leiten und das Schiedsrichterteam hat keine Fehler gemacht", so Niels Haupt. Somit erfolgten bereits die nächsten 3 Ansetzungen an den Folgetagen. Da alle Spiele ohne Probleme absolviert wurden, entschieden sich die IBSA-Instrukteure Niels Haupt beim Spitzenspiel der Gruppe B Frankreich – England anzusetzen. "Ein packendes Spiel mit vielen Fouls, da konnte man sich auszeichnen", so Haupt.
Die Leistung in diesem Spiel brachte ihm die Halbfinalansetzung Griechenland – Frankreich ein und als krönenden Abschluss sogar den Einsatz als dritter Schiedsrichter im Finale Frankreich gegen England (3:2). "Es ist schon toll, als Neuling gleich im Finale aktiv zu sein", freute sich der 36jahrige.
Ähnlich erfolgreich verlief die Europameisterschaft für den zweiten Niedersachsen Ilja Bode. Zunächst wurde Bode damit überrascht in der Kategorie B2/B3 (die dem Futsal sehr ähnlich ist) eingeteilt zu sein, da er über keinerlei Erfahrungen in dieser Kategorie verfügte. Der 22jährige erhielt zunächst einen Einsatz als 3. Schiedsrichter beim Spiel Ukraine gegen Türkei. Danach folgte der erst Einsatz auf dem Spielfeld: „Nach 15 schweren Minuten bin ich erst ins Spiel gekommen, aber dann hat das gut geklappt“, sagte Ilja Bode, der mit dem irischen international sehr erfahrenen Schiedsrichter Gerard Behan einen hervorragenden Partner hatte. So war von Spiel zu Spiel eine Steigerung zu erkennen, was zur Folge hatte, dass Bode die Leitung des Halbfinalspiels Frankreich gegen Weissrussland übertragen bekam. Da Ilja Bode auch hier überzeugte, war für ihn die Leitung des Spieles um Platz 3 zwischen Frankreich und Spanien der Höhepunkt des Turniers.
Aus Sicht der deutschen Delegation gab es also aus dreierlei Sicht beim Abschlussbankett am Abend nach dem Finale Anlass zum feiern:
Der 5. Platz für die Nationalmannschaft und die Finalansetzungen der deutschen Schiedsrichter in beiden Wettbewerben.
Selbst die sonst sehr kritische englische Delegation erwähnte bei ihrer Laudatio die guten Leistungen insbesondere der beiden Niedersachsen.
„Diese Ergebnisse machen uns Hoffnungen, dass der Blindenfußball in Deutschland einen deutlichen Aufschwung erlebt“, so Robert Voigtsberger, Koordinator Blindenfußball beim DBS. „Vielleicht können wir bei der nächsten Europameisterschaft schon auf dem Treppchen stehen.“
Eins ist jedenfalls sicher für Ilja Bode und Niels Haupt hat sich die Europameisterschaft auf jeden Fall gelohnt, winkt doch im nächsten Jahr die Weltmeisterschaft in England.