Aktuelles vom Boccia im Deutschen Behindertensportverband

Boccia EM in Portugal

Deutsche Spieler scheitern in der Vorrunde

Das deutsche EM-Team

In der europäischen Sportstadt 2013, Guimaraes in Portugal, fand die Europameisterschaft im paralympischen Boccia statt. Das komplette Team der Rampenspieler, Klasse BC3, wurde von den Sportfreunden Diakonie Bad Kreuznach bestückt. Zunächst mussten sie im Mannschaftswettbewerb antreten, der in dieser Klasse als Paar ausgetragen wird. Dort stand gleich eines der wichtigsten Turnierspiele gegen die vermeintlich schlagbaren Russen an. Die erste Runde schien mit drei Punkten sicher zu sein, als Andreas Welzel eine kapitale Fehlinterpretation unterlief. Sein Spielpartner, Kapitän Thomas Knoth, musste seine Rampe verschieben, um Platz für den Gegner zu machen, was er so ansah, als ob Deutschland an der Reihe sei. Er richtete seine Rampe mit aus, was aber in der Zeit des Gegners streng verboten ist. Zwei Strafbälle waren die Folge, mit denen Russland die Runde drehen konnte und es 0:1 stand. Der weitere Spielverlauf war auf Messers Schneide. Zunächst konterten die Deutschen mit einer 3:0 Runde, danach Russland mit 0:2. Entsprechend der taktischen Ausrichtung wurde in der vierten und letzten Runde Petra Benharkat als Spezialistin für lange Anspiele eingewechselt. Damit hatten die Russen Probleme, aber es gelang ihnen einen einzigen Ball sehr gut zu platzieren. Dieser Ball bedeutete am Ende eine unglücklich 3:4 Niederlage.

Gegen das, auch finanziell, auf Profilevel spielende Paar aus Großbritannien spielten die drei Rheinland-Pfälzer Nationalspieler auf hohem Niveau mit, konnten aber die 0:5 Niederlage nicht verhindern. Leider ist mit dem Ausscheiden in der Vorrunde die Teilnahme an der Weltmeisterschaft im kommenden Jahr sehr in Frage gestellt. Die Endplatzierung lautet Platz 11 von 18 Paaren BC3.

Im Einzel starteten alle famos. Thomas Knoth siegte gegen Norbert Pulpiter, Ungarn, souverän mit 11:1, Petra Benharkat gegen Marko Arambasic, Kroatien, mit 8:2 und Andreas Welzel gegen Connor Corroon, Irland, mit 6:1. Am zweiten Einzelspieltag ging es erfolgreich weiter. Thomas Knoth traf auf einen bekannten Russen, den er mit 4:2 niederrang. Andreas Welzel schlug Bente Stelling, Dänemark, sogar mit 8:3, nur Petra Benharkat musste gegen den Top Russen, Aleksander Legostaev, mit 2:9 eine deutliche Niederlage einstecken. Die Einzel-Konkurrenz der Rampenspieler war mit 50 Startern die größte des eine Woche dauernden Turniers mit 123 Startern aus 25 Ländern. Das Weiterkommen in die KO-Runde war hier besonders schwer, weil nur die Gruppenersten und die vier besten Zweitplatzierten ins 1/8 Finale aufrückten. Am dritten Einzelspieltag wollte Thomas Knoth gegen einen weiteren Ungarn, Gabor Györ, in seiner 5er Gruppe Punkte sammeln. Nach 5:0 in der ersten Runde riss aber leider der Faden und am Ende blieb nur ein 6:5 Sieg. Gegen den späteren Einzel- und Paar-Europameister und Paralympics Silbermedaillen Gewinner Jose Macedo aus Portugal spielte er hervorragend mit. In der ersten Runde lagen drei Bälle direkt am Jack (2 von Macedo, 1 Ball von Knoth), also 1:2. In Runde zwei zelebrierte Macedo sein berüchtigtes kurzes Anspiel ins V. Seine superweichen Bälle lagen wie Säcke aneinander. Ihm gelang ein 0:3, somit 1:5 Rückstand. In Runde drei spielte Knoth fast perfekt. Am Ende verpasste er eine schmale Gasse zweimal knapp um Millimeter, gewann aber 2:0. Die letzte Runde, Anspiel Macedo, blockte er exakt, konnte aber das Wunder eines Sieges nicht schaffen. Das 3:6 ist eine tolle Leistung gegen Macedo. Umso schader, dass er mit dieser Niederlage bei 3 Siegen trotzdem ausschied, weil sein Ballverhältnis mit plus 10 Bällen nicht ausreichte.

Petra Benharkat hatte als Topgesetzte in ihrer Gruppe Sandra Pena. In einem an Spannung nicht zu überbietenden Spiel besiegte sie die Spanierin mit 3:2. Somit wurde sie ebenfalls Gruppenzweite, aber auch ihr Ballverhältnis reichte nicht.

Andreas Welzel hatte es mit einem weiteren neuen Paar Europameister aus Portugal zu tun. Armando Costa war aber als schlagbar einzustufen. Leider konnte Welzel eine Chance zum Punkten durch Schießen des Jackballs ins Aus nicht nutzen. Mit 2:6 blieb ihm am Ende das gleiche Los, wie seinen Vereins- und Nationalmannschaftspartnern: guter Zweitplatzierter, aber ausgeschieden. Insgesamt standen bei den BC3 Spielern im Einzel 7 Siege gegenüber drei Niederlagen zu Buche. Trotzdem ausgeschieden zu sein, war bitter.

Die Spiele der Athleten, die den Ball mit der Hand werfen, Manuel Wolfsteiner (ICP München) und Thomas Weber (TV Markgröningen) beide Wettkampfklasse BC 2 und Ilker Iköcz (TV Markgröningen), Wettkampfklasse BC 1, waren geprägt von Nervosität. Sowohl im Teamwettbewerb als auch in den Einzelwettkämpfen konnten die Sportler nicht ihre gewohnte Leistung abrufen.

Im Teamwettbewerb BC 1 / BC 2 fiel das Los für die Sportler um Teamkapitän Manuel Wolfsteiner auf die Gegner aus Portugal, Norwegen und die Slowakei. Gegen den späteren Vize-Europameister Portugal hatten die Athleten einen recht guten Start. Mit 0:1 nach dem ersten End war doch noch alles offen. Allerdings fand die deutsche Mannschaft im weiteren Spielverlauf kein geeignetes Mittel, um richtig ins Spiel zu kommen. Mit 0:20 endete das Spieldebut völlig unter den Möglichkeiten der deutschen Teamspieler. Auch die beiden anderen Gruppenspiele gegen Norwegen und die späteren Bronze Gewinner Slowakei verlor das Team (1:15) / (1:11), wobei sich jedoch das erst vor kurzem formierte Team von Spiel zu Spiel steigern konnten. Das Team musste vier Wochen vor der EM auf ihren Kapitän Joachim Röder verzichten, der durch den jungen Ilker Icöz ersetzt wurde. Die Kapitänsrolle übernahm Manuel Wolfsteiner, der diese Rolle mit viel Engagement und klaren Anweisungen ausführte. Mehr Spielroutine im taktischen und technischen Bereich und bessere Nerven entschieden über die Spielergebnisse zugunsten der Gegner.

In den Einzelwettkämpfen blieben die Spieler ebenfalls unter ihren Möglichkeiten. In der Wettkampfklasse BC 1 konnte Ilker Iköz wenigstens eines seiner vier Vorrundenspiele gewinnen. Konzentriert behielt er gegen seinen Gegner Omisi aus Israel bis zum Schluss die Nerven und siegte mit 4:2.
In der Klasse BC 2 waren Manuel Wolfsteiner und Thomas Weber am Start. Leider konnten beide ihre  Gruppenspiele nicht gewinnen, was ein klares Ausscheiden nach der Vorrunde bedeutete. Schade, dass beide ihre Möglichkeiten und Fähigkeiten nur selten zeigen konnten. Beide schienen wegen Nervosität unheimlich blockiert. Die Ergebnisse für Wolfsteiner: gegen Judith Bulthuis, Niederlande, 2:8, Tomas Kral, Slowakei, 1:9, Evgeny Churilov, Russland, 4:5.

Die Ergebnisse für Thomas Weber 1:7 gegen Pedro Cordero, Spanien, 0:14 gegen Roberta Connally, Irland und 0:8 gegen Mateusz Urbanski, Polen.

Mit in der deutschen Nationalmannschaft waren die Assistentinnen Doris Heinlein, Stefanie Burgard, Emine Cetin, Nadine Knöppler und Anna Gutbrod sowie Pysiotherapeutin Dorota Berger, Honorartrainer Hartmut Gutbrod, sowie Cheftrainer Jürgen Erdmann-Feix.

Als Fazit bleibt, dass die Rampenspieler mit Platz 18, 19 und 21 von 50 in der oberen Hälfte Europas angekommen sind, aber leider das Quäntchen für Top Platzierungen fehlte. Der Abstand der BC1 und BC2 Spieler zur Spitze bleibt leider groß.

Quelle: Jürgen Erdmann-Feix