Aktuelles vom Blindenfußball
Blindenfußball: Stabile Defensive und zwei goldene Treffer

Die deutsche Blindenfußball-Nationalmannschaft hat ein starkes Zeichen auf dem Weg zur Europameisterschaft 2026 in Frankreich gesetzt. Beim Doppel-Länderspiel gegen Vize-Europameister Türkei setzte sich das Team von Bundestrainer Martin Mania im hessischen Ober-Ramstadt gleich zweimal mit 1:0 durch – beide Male war es Torjäger Jonathan Tönsing von Borussia Dortmund, der den Unterschied machte.
Die erste Partie vor rund 500 begeisterten Zuschauern in Ober-Ramstadt entschied Tönsing am Freitagabend (27. Juni) mit einem wuchtigen Linksschuss aus acht Metern. Keine 24 Stunden später folgte an gleicher Stelle der zweite Sieg für den EM-Vierten – wieder durch ein Tor des Dortmunder Stürmers, diesmal vor etwa 300 Fans. In beiden Begegnungen bot die deutsche Auswahl starke und konzentrierte Leistungen. Genau diese Konstanz hatte Bundestrainer Mania vorab gefordert. Doppeltorschütze Tönsing: "Wir haben einen wichtigen Schritt gemacht. In Regensburg beim Drei-Nationen-Turnier haben wir gesehen, woran wir arbeiten müssen – zum Beispiel an der Kompaktheit. Gegen die Türkei haben wir das nun sehr gut umgesetzt.“ Mit Blick auf ein mögliches Wiedersehen bei der EM im kommenden (14. bis 24. August 2026 im französischen Schiltigheim) fügte Tönsing hinzu: „Dort würde es ein ganz anderes Spiel werden. Aber wir haben nun zweimal gezeigt, dass wir sie besiegen und ohne Gegentor bleiben können.“
Auch Deutschlands Routinier Ali Can Pektas sah die Entwicklung positiv: „Mit ihrem neuen Trainerteam ist die Türkei noch im Aufbau und noch nicht da, wo sie sein wollen. Aber wir haben insbesondere im zweiten Spiel sehr gut verteidigt, klar dominiert und mehr Chancen gehabt – darauf können wir aufbauen.“ Für Pektas war das Wochenende auch persönlich besonders: Er ist Co-Trainer im Herren-Team des FC Ober-Ramstadt, wohnt in der Stadt, und hatte monatelang an der Organisation des Events mitgewirkt. „Was für eine Kulisse – einfach gigantisch“, schwärmte er über die Atmosphäre in „seinem Wohnzimmer“.
Die türkische Mannschaft zeigte sich trotz der Niederlagen voller Respekt: „Deutschland war fokussierter als wir, das muss man anerkennen“, so Blindenfußballer Ramazan Kundus. „Es war eine schöne Erfahrung – ich hoffe, wir sehen uns im EM-Finale wieder. Am Ende hat die deutsch-türkische Freundschaft gewonnen, zumal ich mir wünsche, dass wir die deutsche Mannschaft auch mal bei uns in der Türkei begrüßen und gegen sie spielen dürfen.“
Die zweitägige Veranstaltung in Ober-Ramstadt fand nicht nur auf dem Spielfeld begeisterten Anklang. Ober-Ramstadts Bürgermeister Tobias Silbereis, selbst aktiver Spieler in der Bürgermeister-Nationalmannschaft, sagte: „Unsere Stadt hat sich definitiv für weitere Länderspiele empfohlen. Es ist toll zu sehen, wie viele helfende Hände dazu beigetragen haben und wenn man dann das Endergebnis sieht, auch mit Blick auf die vielen Zuschauer.“ Der FC Ober-Ramstadt wurde unter anderem unterstützt von der türkischen Gemeinde Malatya Fethiyeli Derneği.
Auch Hessens Integrationsministerin Heike Hofmann zeigte sich beeindruckt: „Dieses Wochenende war überwältigend. Inklusion im Sport ist kraftvoll, sie baut Brücken und zeigt, wie Integration gelingen kann.“ Unter den Ehrengästen hinter der Seitenbande in Ober-Ramstadt war auch Tina Theune, die als Trainerin der deutschen Frauen-Fußballnationalmannschaft ohne Behinderung 2003 Weltmeister wurde. Theune ist Patin der deutschen Blindenfußball-Auswahl und Kuratoriumsmitglied der DFB-Stiftung Sepp Herberger, die zusammen mit dem Deutschen Behindertensportverband und dem Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband die Blindenfußball-Bundesliga organisiert.
Zwei Siege, eine klare Botschaft: Der Weg zur EM 2026 ist geebnet – und Deutschlands Blindenfußballer haben gezeigt, dass sie zur europäischen Spitzengruppe gehören. Mitte September steht ein weiteres Highlight auf dem Programm. Dann reist die deutsche Mannschaft zu einem internationalen Turnier nach Indien. Dort gilt es, an die gezeigten Leistungen und die positive Entwicklung anzuknüpfen.
Text: Jonas Bargmann / DBS