Aktuelles vom Rollstuhlrugby

Werners Fazit: „Wir sind dort, wo wir hingehören“

Ein Resümee der 11. Rollstuhlrugby-Europameisterschaft – Zufrieden mit Koblenz, enttäuscht vom Ergebnis

Bis zur letzten Minute gekämpft
Artur Bertram © Oliver Kremer, sports.pixolli.com

Gelungene Veranstaltung, enttäuschendes Ergebnis: So lautet kurz und knap das Resümee aus deutscher Sicht zur 11. Rollstuhlrugby-Europameisterschaft in der Koblenzer Conlog Arena. An intensiver Vorbereitung mit neun Trainingslagern sollte es nicht gemangelt haben, eher im Kopf suchte der deutsche Cheftrainer Christoph Werner einen Grund für den enttäuschenden sechsten Platz und vor allem für die 39:46-Niederlage gegen Polen im letzten Platzierungsspiel.

Artur Bertram von der Rollstuhl-Sportgemeinschaft (RSG) Koblenz, einziger Koblenzer im EM-Team („Mein letztes Länderspiel hatte ich mir anders vorgestellt“), fand einen interessanten Erklärungsversuch: „Wir haben in der Vorbereitung einige Trainingsspiele gegen die Polen bestritten und immer gewonnen.“ Den Gegner unterschätzt, das mag der Grund für dieses Resultat gewesen sein. Doch es gab in Koblenz noch zwei weitere Niederlagen für Deutschland, die bereits den Traum vom Halbfinale platzen ließen: gegen den späteren Vize-Europameister Schweden und gegen den EM-Dritten Frankreich.

Und in diesen Begegnungen zeigte sich auch mangelnde individuelle Klasse beim EM-Gastgeber, der zwar über viel Routine, jedoch nur über zwei Spieler unter 30 Jahren verfügt. „Andere Länder haben Ausnahmetalente gefunden, wir punkten nur mit Erfahrung“, stellte Mannschaftskapitän Maik Baumann fest. Rollstuhlrugby ist kein klassischer Sport für  Tetraplegiker mehr, in den Top-Teams dieser EM mischen viele Spieler mit anderen Behinderungen mit. „Die gibt es auch in Deutschland“, sagt der 37-jährige Baumann, der in der Bundesliga für Greifswald spielt, „aber wir finden sie nicht oder sie wenden sich anderen Sportarten zu.“ Coach Werner hatte nach dem verpassten Halbfinale und noch mit der Hoffnung zumindest auf Rang fünf festgestellt: „Jetzt sind wir dort, wo wir hingehören.“ Ob das auch für den sechsten Platz gilt?

Großbritannien war das bestimmende Team dieser EM, kam in keiner Begegnung bis hin zum Endspiel gegen Schweden in Schwierigkeiten und bot im Halbfinale gegen Frankreich (54:41) die überragende Turnierleistung. Die Dänen mit ihrem enormen Kampfgeist, Frankreich mit Eleganz und Tempo sowie Schweden mit ungeheurer mentaler Stärke erreichten zu Recht das Halbfinale. Doch vorneweg spielten die Briten wie eine gut geölte Maschine, die auch ohne Taktgeber James Roberts tadellos funktionierte. „Der Abstand zu den außereuropäischen Spitzenteams ist geringer geworden“, urteilt Paul Shaw, Coach des alten wie neuen Europameisters und Weltranglisten-Fünften. Und John Bishop, Präsident des Weltverbandes IWRF, traut „bei den Paralympics 2020 in Japan einem europäischen Team eine Medaille zu“.

Ob Deutschland dann dabei ist, „entscheidet sich erst bei der nächsten EM“, will Kapitän Baumann von voreiligen Spekulationen nichts wissen. Jetzt geht´s erst mal um die WM 2019 in Sydney. „Da will jeder hin“, betonte Baumann. Allerdings wird das letzte Qualifikationsturnier wohl nicht in Europa stattfinden. Cheftrainer Werner sagt: „Wenn das zu finanzieren ist, sind wir dabei.“

Das Geld war da für diese gelungene Rollstuhlrugby-Europameisterschaft in der Koblenzer Conlog Arena, „eine von vier internationalen Behindertensport-Großveranstaltungen in Deutschland in diesem Jahr neben Para Ski nordisch, Para Segeln und Blindenfußball“, wie Friedhelm Julius Beucher, Präsident des Deutschen Behindertensportverbandes (DBS), aufzählt. „Für unseren Verband ist das eine riesige Herausforderung“, betont er. Um eine Ausrichtung der Rugby-EM habe man sich des Öfteren bemüht, „das geht aber nicht ohne die entsprechenden Gelder, und die gab´s jetzt von Bund und Land.“ Mit Koblenz als Veranstaltungsort und der Conlog Arena („Nicht zu groß und nicht zu klein“) hat man einen guten Griff getan, waren  sich die beiden Präsidenten Beucher und Bishop einig. „Was im Laufe des Turnieres zu verbessern war, haben die lokalen Organisatoren gut in den Griff bekommen“, so John Bishop vom IWRF anerkennend.

Quelle: Thomas Wächtler