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Wer braucht schon Beine zum Klettern?

Spaß im Kajak
Spaß im Kajak © Maike Lobback

Es sind die Gipfelstürmer von morgen und die Wasserratten von heute. Sie lassen sich von der Geschwindigkeit berauschen und von Pfeil und Bogen begeistern. Sie kicken auf dem Rasen, legen ihre Freunde aufs Kreuz, bewegen sich zu Musik und schlagen die unterschiedlichsten Bälle durch die Halle. Rund 200 Kinder und Jugendliche haben am 21. September beim Para-Jugendsport-Event des Behinderten-Sportverbandes Niedersachsen (BSN) rund um den Sportpark Hannover und an zwei Außenstandorten insgesamt 16 verschiedene Sportarten an Land, in der Halle und auf dem Wasser ausprobiert. – Und zeigten sich allesamt restlos begeistert von dem, was sie in wenigen Stunden erleben durften. „Dieser Para-Jugendsport-Event hat durch die vielen Standorte in ganz Hannover gestrahlt, und die Jugendlichen haben gezeigt, dass Sport ein Teil ihres Lebens ist“, freute sich BSN-Präsident Karl Finke.

Der achtjährige Jorge aus Nordhorn strahlte, nachdem er für seine Teilnahme geehrt worden war. Der aufgeweckte Rollifahrer ist eines von vier Kindern, die nicht mit ihren Lehrern, sondern mit ihren Eltern nach Hannover gekommen waren. Judo, Selbstverteidigung und Klettern waren die Sportarten, die er sich zuvor ausgesucht und in denen er jeweils auch einen Platz bekommen hatte. „Wir haben versucht, alle Wünsche zu berücksichtigen, was uns größtenteils auch gelungen ist“, sagte Mitorganisatorin Katharina Schaper zufrieden. Aber Klettern für einen Rollstuhlfahrer? „Ich habe einfach nur meine Arme benutzt, das ging ganz gut, weil ich ja auch den Rollstuhl mit den Armen anschiebe“, erklärte Jorge strahlend. Wer braucht schon Beine zum Klettern, wenn er kräftige Oberarme hat und mit dem Klettergurt gut gesichert ist? Gesichert durch einen der vielen Trainer, die trotz des Termins am Donnerstagvormittag für die Aktion ins Kletterzentrum des Alpenvereins gekommen waren. „Erst war ich mir nicht sicher, wie ich die Kids ansprechen soll. Ich habe vorher noch nie Kinder mit Handicap betreut, aber das war heute gar nicht anders als in meinen Kursen“, sagte Klettertrainer Mathias Craul.

Was alles möglich ist, wenn man sich nur traut, haben die vielen anderen Kinder und Jugendlichen aus Hannover, Hildesheim und Seesen, aus Meppen und Lingen an diesem wunderschönen letzten Sommertag gelernt. Auch wenn es in der Kletterhalle nicht für jeden bis ganz nach oben unter die 15 Meter hohe Hallendecke ging und der eine oder andere beim Kanufahren etwas intensivere Bekanntschaft mit dem kühlen Maschseewasser machte: Kentern gehört beim Wassersport eben dazu und tat dem Erlebten absolut keinen Abbruch. Wohin man sah, war den Kids die Begeisterung anzusehen. Hüpfen und Pyramidenbauen auf dem Mega-Stand-up-Paddle-Board (SUP), auf dem sogar Rollstuhlfahrer mitpaddeln können, Drachenboot fahren, Bogen schießen, einmal selbst mit dem Handbike auf Tempo kommen. – Das alles war für die überwiegend geistig behinderten Kinder etwas vollkommen Neues. Und die leuchtenden Augen der Nachwuchssportler waren für die Organisatoren die schönste Bestätigung.

Wie nachhaltig ein solches Event sein kann, wird sich hoffentlich bei der RSG Hannover zeigen. Die Rollstuhlsportgemeinschaft möchte sich künftig auf den Wassersport spezialisieren und alle Angebote inklusiv anbieten. Sei es Segeln, für das im kommenden Jahr ein Lift am Steg installiert werden soll, oder SUP für Rollstuhlfahrer: „Unser Ziel ist es, das Wassersportzentrum Norddeutschlands zu werden“, kündigten der Vorsitzende Detlef Zinke und Meike Lüder-Zinke an. Dazu wurden bereits viele Übungsleiter qualifiziert und Investitionen getätigt.

Am Ende dieses erlebnisreichen Tages waren alle Beteiligten geschafft, aber glücklich. Dank der zahlreichen Helfer des Humboldt-Gymnasiums, der Referenten und Workshop-Begleiter, aber auch durch die großartige Unterstützung der engagierten Sponsoren LBS Norddeutsche Landesbausparkasse Berlin-Hannover, Sparkassen in Niedersachsen und VGH Versicherungen sowie den Förderern Niedersächsische Lotto-Sport-Stiftung, Heiner-Rust-Stiftung, LandesSportBund Niedersachsen, Land Niedersachsen und Gasunie Deutschland Service GmbH. Schließlich wird auch durch die tatkräftige Unterstützung der Hannoverschen Sportjugend und der Speedy Reha-Technik GmbH dieser erfolgreiche erste Para-Jugendsport-Event den Schülern und Organisatoren gleichermaßen im Gedächtnis bleiben. Und wer weiß: Vielleicht können die Tischtennisspieler, Judoka oder auch die Badmintonspieler, Leichtathleten und Kletterer sich bald über motivierte Mitsportler freuen. Denn Lust auf mehr hatten sie am Ende alle!

Quelle: Heike Werner / BSN