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Die Erich Kästner-Schule auf dem Weg zu ‚Jugend trainiert für Paralympics‘ (Teil I)
Innerhalb von vier Jahren haben es die Rollstuhlbasketballer der Erich Kästner-Schule aus Langen an die Spitze in Deutschland geschafft. Zu ‚Jugend trainiert für Paralympics‘ reisen die Hessen als Titelverteidiger, der Wettbewerb wird in diesem Jahr zum ersten Mal offiziell vom 10. bis 13. Mai in Berlin ausgetragen. Dass die Kästner-Schule dort wieder zu den Mitfavoriten gehört, ist vor allem der Hartnäckigkeit eines Physiotherapeuten an der Schule zu verdanken.
Die Idee ließ Bernhard Knopp, Physiotherapeut an der Erich Kästner-Schule für Körperbehinderte in Langen, nicht mehr los. Ein konkurrenzfähiges Team im Rollstuhlbasketball an seiner Schule, mit professionellem Training und Wettkämpfen, dieses Ziel hatte er sich in den Kopf gesetzt. Die größte Hürde: die veralteten Sport-Rollstühle der Schule. „Wir waren damit im Vergleich zu anderen viel zu langsam, unsere Sport-Rollstühle waren zum Teil 30 Jahre alt. Aber ich habe gesehen, dass wir talentierte Sportler für die Sportart Rollstuhlbasketball haben.“Zwischen 2.000 und 5.000 Euro kosten die Spezial-Anfertigungen für Rollstuhlbasketball, die Ausstattung einer ganzen Mannschaft damit wäre zu viel für das Budget der Schule gewesen. Knopp bat den Förder-Verein um Hilfe, der Verein beauftragte ihn schließlich, ein Schreiben für potenzielle Geldgeber aufzusetzen und das Projekt kam ins Rollen. Sechs Rollstühle konnten mit dem Geld von zwei Stiftungen angeschafft werden, Knopp intensivierte das Training, formte ein Team, schulte seine Schüler taktisch und konditionell. Seine Hartnäckigkeit hat sich gelohnt: Vier Jahre später zählt die Rollstuhlbasketball-Mannschaft aus Langen zu den deutschlandweit besten, 2010 und 2011 hat die Kästner-Schule das Finale von ‚Jugend trainiert für Paralympics‘ gewonnen, in diesem Jahr soll nun der dritte Titel in Berlin folgen.
„Ich bin selbst Marathon-Läufer und habe schon einiges erlebt. Aber die zwei Turniere von ‚Jugend trainiert für Paralympics‘ in den vergangenen Jahren waren bisher mein größtes sportliches Highlight. Da war einfach alles drin, was den Sport auszeichnet, Emotionalität und Dramatik“, sagt er. 2010 hatten die Kästner-Schüler im Halbfinale und im Finale deutlich zurückgelegen, den Rückstand jedoch aufgeholt und in der Verlängerung schließlich gewonnen. Nach ihrem Sieg 2011 sei die Mannschaft zurück an der Schule mit dem Queen-Song ‚We are the champions‘ empfangen worden. Selbst Erst- und Zweitklässler hätten gerufen „Wir sind Deutscher Meister geworden!“. „Der Erfolg hat den Zusammenhalt innerhalb der gesamten Schule verstärkt“, sagt Bernhard Knopp. Andrew Krutsch, Konrektor der Schule, ist begeistert vom Engagement des Physiotherapeuten. „Ohne Bernhard Knopp wäre der Erfolg unserer Rollstuhl-Basketballer nicht möglich gewesen“, sagt er.
Wenn die Mannschaft jeden Donnerstag zum Training zusammenkommt, gibt mittlerweile Michael Ortmann vom Rollstuhl-Sportclub Frankfurt die Kommandos, denn an der Kästner-Schule ist mittlerweile die erste Talentfördergruppe an einer Förderschule des Landes eingerichtet worden. Bernhard Knopp trainiert vor allem den Nachwuchs für das Team. „Außer in den Pausen, wenn unsere Schüler draußen spielen. Dann spiele ich auch selbst nochmal gerne mit, ich muss ja im Training bleiben“, sagt er. Denn Rollstuhlbasketball ist nicht nur ein Sport für Menschen mit einer körperlichen Behinderung. Die Erich Kästner-Schule kooperiert mit umliegenden Schulen, sodass Schüler mit und ohne Behinderung miteinander Rollstuhlbasketball spielen. Bernhard Knopp erklärt den Unterschied: „Da man auf einmal sitzt und nicht mehr läuft, erschien der Basketball-Korb für die anderen Schüler auf einmal total weit weg, am Anfang sind sie mit ihren Würfen gar nicht hoch genug gekommen. Zudem mussten sie sich erst an den Rollstuhl gewöhnen und sind damit zu Beginn auch mal gegen die Wand gefahren“, erinnert er sich.
Im Moment gilt die Konzentration der Rollstuhlbasketballer der Kästner-Schule aber den anstehenden Wettkämpfen von ‚Jugend trainiert für Paralympics‘. „Wir waren von Anfang an dabei, umso mehr freut es uns, dass der Wettbewerb diesmal offiziell ausgetragen wird. Der Rahmen ist viel größer, zudem findet die Eröffnungsveranstaltung mit der Abschlussveranstaltung von ‚Jugend trainiert für Olympia statt“, blickt Bernhard Knopp voraus. Sogar die Hauptschulprüfung für einige der Spieler der Rollstuhlbasketballer wurde deswegen verschoben. Die hätte nämlich eigentlich zeitgleich mit den ersten Spielen in Berlin stattfinden sollen. Doch das Hessische Kultusministerium genehmigte eine Ausnahmeregelung, die Prüfung kann nachgeholt werden. Denn die Mannschaft der Erich Kästner-Schule hat ein großes Ziel: Das Triple bei ‚Jugend trainiert für Paralympics‘. Bernhard Knopp erklärt: „Die Jungs wollen unbedingt nochmal den Titel holen, denn viele der Spieler verlassen im Sommer wegen ihr weiteren Ausbildung die Schule. Die Mannschaft wird es in dieser Zusammensetzung dann so nicht mehr geben. Das ist für die letzte gemeinsame Teilnahme an ‚Jugend trainiert für Paralympics‘ nochmal ein zusätzlicher Ansporn.“ Bernhard Knopp trainiert derweil schon den Nachwuchs, der nach den Ferien zum Team stoßen soll. Denn der Traum vom Rollstuhlbasketball an der Erich Kästner-Schule soll noch weitergehen.