Aktuelles von der DBSJugend
Von der Nachwuchsredakteurin zur Bundesjugendsportärztin
Amrei Zieriacks Weg von einer Nachwuchsredakteurin bei den Paralympics 2014 zur heutigen Bundesjugendsportärztin ist ein inspirierendes Beispiel für Leidenschaft und Engagement im Sport von Menschen mit Behinderungen. Die 28-Jährige ist Ärztin der Kinderheilkunde – und seit diesem Jahr Teil des Vorstandes der Deutschen Behindertensportjugend (DBSJ). Dass der Behindertensport eine so feste Rolle in ihrem Leben spielen wird, hat sie anfangs nicht erwartet.
Mit 18 Jahren stößt Amrei Zieriacks durch eine Zeitungsausschreibung auf die Paralympics Zeitung und die Möglichkeit, die Paralympics 2014 in Sotschi als Nachwuchsredakteurin zu begleiten. Ohne journalistische Vorerfahrungen, aber mit einer großen Begeisterung für den Sport, bewirbt sich die gebürtige Bremerin mit ihrem ersten eigenen Artikel. Dieser thematisiert die Laufbahn von Weitspringer Markus Rehm: „Das war das erste Interview, was ich je gemacht habe. Kurz danach ist Rehm sogar einen Weltrekord gesprungen. Das hat mich dann im Rahmen der Bewerbung schon begeistert“, sagt die 28-Jährige.
Nach der Zusage geht es für Zieriacks nach Sotschi, wo sie als Nachwuchsredakteurin hauptsächlich über Para Ski alpin berichtet. Neben den vielen Sportarten, die sie besuchen kann, erlebt Amrei Zieriacks umfassende Eindrücke in die Pressearbeit und die großartige Paralympics-Stimmung. „Vor allem der Kontakt zu den Athlet*innen und die hautnahen Emotionen haben einen bleibenden Eindruck hinterlassen“, berichtet Zieriacks.
Die eigentlich nur einmalige Möglichkeit, als Nachwuchsjournalistin bei den Spielen dabei zu sein, hält Zieriacks nicht davon ab, die Paralympics auch 2016 und 2018 vor Ort zu erleben. Als Teil des Social-Media-Teams der Paralympics Zeitung, die von Tagesspiegel und Deutscher Gesetzlicher Unfallversicherung (DGUV) ins Leben gerufen wurde, kann sie ihre Begeisterung für den Behindertensport weiter entfachen. „Ich habe eine Ausschreibung gelesen, dass die Paralympics Zeitung erstmals ein Social-Media-Team stellen wird. Da habe ich mich dann sofort für beworben – und es hat funktioniert“, sagt Zieriacks rückblickend. Dass die Paralympics im Sommer noch ein paar Nummern größer sind, erlebte sie 2016 in Rio. Das Gefühl, die Zieleinläufe der Athlet*innen aus nächster Nähe zu sehen, sei unbeschreiblich gewesen, beschreibt die ehemalige Medizinstudentin. „Die gute Stimmung, besonders beim Sitzvolleyball und der Sieg von Martin Schulz beim Para-Triathlon, habe ich heute noch im Kopf.“ Auch 2018 unterstützt sie die Social-Media-Abteilung der Paralympics Zeitung bei den Winterspielen in Südkorea. „Mit 22 Jahren bereits drei Paralympics miterlebt zu haben und auch kulturell so vielfältige Erfahrungen gemacht zu haben, ist ein tolles Gefühl“, sagt die Ärztin, die eigentlich auch für Tokio 2020 eingeplant war. Durch die verschobenen Spiele auf 2021 konnte sie jedoch aus beruflichen Gründen nicht dabei sein.
Der direkte Kontakt zu den Athlet*innen fasziniert Amrei Zieriacks während ihrer Einsätze am meisten: „Man merkt direkt, dass die Aufmerksamkeit, die die Sportler*innen bei den Paralympics bekommen, etwas ganz Besonderes ist. Ich finde es toll, das miterleben zu können. Es sind in aller Regel keine Athlet*innen, die krasse Verträge haben oder jeden Tag vor so einem riesigen Publikum spielen und total abgeklärt sind“, sagt Zieriacks und fügt an: „Es sind Sportler*innen, die ganz besondere Leistungen zeigen und dabei häufig nicht die Anerkennung kriegen, die sie verdient hätten.“
Ihre journalistischen Tätigkeiten bei den Paralympics laufen dabei nur als Nebenjob in den Semesterferien. Parallel zu ihren Einsätzen absolviert Zieriacks zwischen 2013 und 2020 ein Medizinstudium inkl. Doktortitel. Doch die gesammelten Erlebnisse und Eindrücke wecken ein tiefgreifendes Interesse am Behindertensport, welches sie bis heute prägt. Beruflich entscheidet sich die mittlerweile in Stuttgart lebende Ärztin zwar dagegen, in der Sportmedizin oder der Orthopädie zu arbeiten, jedoch ist sie seit diesem Jahr ehrenamtlich Teil des Vorstandes der Deutschen Behindertensportjugend.
„Ich habe nach Möglichkeiten gesucht, mich weiter im Behindertensport zu engagieren“, sagt die 28-Jährige, die sich initiativ bei der DBSJ meldet und ihre Unterstützung anbietet. Ihre Begeisterung für den Behindertensport und ihr Wunsch, einen Beitrag zu leisten, wird sehr positiv aufgenommen. Anfang des Jahres wurde Zieriacks zur Bundesjugendsportärztin ernannt und nimmt somit eine Rolle im DBSJ-Vorstand ein. Ihre Aufgabenbereiche sind vielfältig: „Neben den Vorstandstätigkeiten habe ich als Bundesjugendsportärztin vor allem eine beratende Tätigkeit. Ich bin Ansprechpartnerin für alle medizinische Belange, die auftreten. Wenn es zum Beispiel um das Paralympische Jugendlager geht, überprüfe ich die medizinischen Fragebögen der Kinder und Jugendlichen, und schaue, ob Medikamente oder eine bestimmte Betreuung notwendig sind“, erklärt Zieriacks, die beim diesjährigen Jugendlager als Betreuerin mitfahren wird. Die Stuttgarterin freut sich sehr auf ihre vierten Paralympics – diesmal in ganz anderer Rolle: „Es ist für mich besonderes cool, dass ich nicht nur als Betreuerin und Kinderärztin dabei sein kann, sondern auch nochmal von Seiten des Jugendlagers die Spiele miterleben darf.“
Innerhalb der Vorstandsarbeit bei der DBSJ setzt sich Amrei Zieriacks dafür ein, mehr Kinder und Jugendliche mit Behinderung für den Sport zu begeistern. Durch Veranstaltungen und erhöhte Aufmerksamkeit möchte sie einen Teil dazu beitragen, dass strukturelle Barrieren überwunden werden und Präsenz geschaffen wird. „Durch Sport können Kinder und Jugendliche eigenständiger werden und ihr Selbstbewusstsein erhöhen. Der Sport kann Menschen mit Behinderungen zusätzlich zu den gesundheitlichen Vorteilen auch positive Erfahrungen vermitteln“, sagt die begeisterte Freizeitsportlerin. In der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen freut sie sich besonders, wie diese trotz Unterschieden als Team zusammenwachsen und gemeinsam Herausforderungen bewältigen. „Ich bin zwar noch nicht lange dabei und gefühlt noch in der Einarbeitung, aber ich bin sehr froh über meine Funktion bei der DBSJ und freue mich auf die Zeit und die vielen Veranstaltungen.“ Ein Highlight werde mit Sicherheit der Jugend-Länder-Cup, der wenige Wochen nach den Paralympics vom 27. bis 30. September im hessischen Bad Hersfeld stattfindet.
Zieriacks sprüht förmlich vor Motivation für ihr Ehrenamt und vor Begeisterung: „Ich schätze besonders, dass der Behindertensport sehr authentisch ist und eine familiäre Atmosphäre mitbringt. Der Sport ist bodenständig und greifbar, im Gegensatz zu den oft unvorstellbaren Dimensionen in anderen Sportbereichen.“ Besonders beeindruckt ist sie von den Leistungen der Athlet*innen und ihren Persönlichkeiten: „Es sind herausragende Athlet*innen – und sehr nahbare Menschen zugleich.“ Das hat Amrei Zieriacks schon bei drei Paralympischen Spielen erleben dürfen. Und die vierte Teilnahme steht kurz bevor, wenn es mit dem Jugendlager am 27. August auf die Reise nach Paris geht.
Text: Maxine Herweg / DBS