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Die Erich Kästner-Schule auf dem Weg zu ‚Jugend trainiert für Paralympics‘ (Teil II)

Der dritte Titel als Abschiedsgeschenk?

Eine Woche vor dem Bundesfinale von ‚Jugend trainiert für Paralympics‘, vom 11.-13. Mai  in Berlin, blicken die Rollstuhlbasketballer der Erich Kästner-Schule in Langen gespannt auf die anstehenden Wettkämpfe. Für Team-Leader Salvatore Schleichardt ist das Turnier in Berlin von besonderer Bedeutung. Denn er wird sich nach diesem Schuljahr von der Mannschaft verabschieden.

Noch ein letztes Mal gemeinsam nach Berlin, ein letztes Mal auf dem Spielfeld alles geben, ein letztes Mal Gold gewinnen. Der Offenbacher Salvatore Schleichardt, 17 Jahre alt und Schüler an der Erich Kästner-Schule für Körperbehinderte in Langen, gehört zum Rollstuhlbasketball-Team der Schule. ‚Jugend trainiert für Paralympics‘ 2012, dieses Jahr zum ersten Mal offiziell ausgetragen in Berlin, wird für ihn der letzte Wettkampf gemeinsam mit seinen Schulkameraden sein. Nach diesem Schuljahr werde er die Schule verlassen, um an einer anderen Schule den Realschulabschluss zu machen, erzählt Salvatore. Zwei Mal hat er bereits mit der Kästner-Schule bei ‚Jugend trainiert für Paralympics‘ gewonnen, der dritte Sieg soll den Erfolg des Teams abrunden. „Ich bin sehr aufgeregt, ich denke eigentlich den ganzen Tag an nichts anderes“, sagt Salvatore, der neben der Vorbereitung auf die Wettkämpfe in Berlin derzeit auch auf die Prüfungen für seinen Hauptschulabschluss lernt.

Als er vor acht Jahren zum ersten Mal mit einem Basketball auf einen Korb geworfen habe, hätte er noch nicht mal das Netz getroffen, erzählt Salvatore. Ein Freund aus der Schule habe damals bereits Rollstuhl-Basketball gespielt, er wollte es auch ausprobieren. Heute zählt er zu den ‚Leadern‘ im Team der Kästner-Schule, Spitzname ‚Salva‘, Position Spielmacher. „Ich bin verantwortlich für den Spielaufbau“, erklärt Salvatore. Einer seiner Trainer, Physiotherapeut Bernhard Knopp, ist begeistert von den Qualitäten seines Schützlings: „Er hat alles, was ein Sportler haben muss. Er verfügt über sehr viel Spielintelligenz, hat Kampfgeist und kann sich durchsetzen, wenn es darauf ankommt. Wenn er sich ein Ziel gesetzt hat, achtet er gar nicht mehr auf Zuschauer in der Halle oder was sonst um ihn herum passiert.“

Salvatore, da ist sich Knopp sicher, hätte sogar das Talent zum Junioren-Nationalspieler. Doch die spielerischen Anlagen sind das eine, die Möglichkeiten zu trainieren – insbesondere für Sportler mit einer Behinderung – das andere. Als Schüler an der Kästner-Schule spielt Salvatore wann immer es geht, zwischen zwei Schulstunden in den Pausen oder jeden Donnerstag im Nachmittagstraining. Wie es aber nach seiner Zeit an der Kästner-Schule weitergehen soll, weiß er noch nicht genau. Der nächstgelegene Verein ist der RSC Frankfurt, eigentlich nur einige Kilometer von Salvatores Heimatort Offenbach entfernt. Für den 17-jährigen, auf dem Weg zum Training mit seinem Spezial-Rollstuhl, eine kleine Weltreise. Er müsste mehrmals umsteigen, vom Bus in die Bahn und umgekehrt, zudem sind Sport-Rollstühle breiter als normale Rollstühle, Gänge in Straßenbahnen oder Bustüren sind oft zu eng. „Mit den öffentlichen Verkehrsmitteln bräuchte ich um die zwei Stunden, um zum Training zu kommen“, sagt er. In Frankfurt könnte Salvatore wohl in der 2.Mannschaft einsteigen. Doch deren Training finde von 19 bis 22 Uhr statt, sagt er. Danach müsste er sich nochmal auf den Weg nach Hause machen. Er sagt: „Ich muss versuchen, mir einen Fahrdienst zu organisieren. Ich habe schon mal versucht, das bei der Krankenkasse zu beantragen, bin aber damals damit gescheitert.“

In der Erich Kästner-Schule ist das Training für ihn um einiges einfacher, Lehrer und Betreuer wie Bernhard Knopp versuchen sein Talent zu fördern. An der Schule ist ein Talentstützpunkt des Landes eingerichtet, jede Woche kommt Regionalliga-Spieler Michael Ortmann aus Frankfurt nach Langen und trainiert die Mannschaft. Als Salvatore die Möglichkeit hatte, in ein Internat nach Hannover zu wechseln, wo er noch gezielter hätte trainieren können, fuhr Bernhard Knopp kurzerhand mit ihm hin, um sich die Schule anzuschauen. Er hofft, dass Salvatore auch ohne Unterstützung der Schule seinen Weg gehen wird. „Natürlich tut es mir leid, einen Spieler wie ihn zu verlieren“, sagt der Physiotherapeut und Trainer. Als die Schulmannschaft Besuch von Sebastian Wolk vom RSC Frankfurt hatte, trainierte dieser gemeinsam mit der Mannschaft. Knopp erzählt: „Sebastian Wolk hat gesagt, Salvatore erinnere ihn mit seinem Willen und seinem Kampfgeist daran, wie er früher gespielt habe.“ Wolk spielt mittlerweile mit dem RSC Frankfurt in der 1. Bundesliga. Ein Weg, wie ihn vielleicht auch Salvatore Schleichardt einschlagen könnte.