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Denise Schindler: Zwischen Albtraum und Alpentraum

Martin Hutter und Denise Schindler
Martin Hutter und Denise Schindler © Christian Holzer

870 Kilometer, 18.000 Höhenmeter – die Tour Transalp gehört zu den härtesten Rennrad-Etappenrennen der Welt. Das Besondere beim Auftakt in Sonthofen im Allgäu am kommenden Sonntag: Diesmal geht mit Denise Schindler zum ersten Mal eine beinamputierte Frau an den Start. Im Zweierteam mit dem ebenfalls beinamputierten Österreicher Martin Hutter will die 31-jährige Münchnerin sich dieser Qual stellen und in sieben Tagen die Alpen bezwingen. Ebenfalls am Start: Erich Winkler - und damit erstmals ein Sportler mit Arm- und Beinprothese.

"Ich habe mich in den letzten Wochen im Training schon gefragt, ob ich ein bisschen verrückt bin", sagt Denise Schindler lachend und fügt hinzu: "Doch ich freue mich total auf diese Herausforderung. Ich bin gut vorbereitet, daher soll es dann jetzt auch losgehen." Die beiden Ausnahmeathleten schreiben Tour-Geschichte: Sie sind als erstes beinamputiertes Mixed-Team der Tour Transalp gemeldet. Beide haben sich bestens vorbereitet, unter anderem bei einem gemeinsamen Trainingslager auf Mallorca und sie sind die wichtigsten Etappen bereits abgefahren, darunter das allseits gefürchtete Hahntennjoch, ein 14 Kilometer langer, sehr kurvenreicher Gebirgspass in Österreich, der Steigungen bis zu 18,9 Prozent aufweist. Dieses stundenlange Bergauffahren stellt für Denise Schindler und Martin Hutter zugleich die größte Schwierigkeit dar. Sie müssen dabei Steigungen von teilweise bis zu 20 Prozent überwinden. Das führt zu einem starken Druck auf den Körper und vor allem auf die Prothese und den Beinstumpf. Dieser ist anfällig für Druckverletzungen. Wenn durch Hitze, Schweiß und Reibung Druckstellen am Übergang zwischen Bein und Prothese entstehen, kann das für Schindler und Hutter das Aus der Tour bedeuten. Gerade die körperliche Regeneration nach jeder Etappe ist von großer Bedeutung. Außerdem wurde für die anstrengende Tour-Woche ein Ernährungsplan erstellt.

Denn natürlich will das Duo bis zum Schluss durchhalten. Schließlich haben sie neben dem sportlichen Ehrgeiz noch ein weiteres Ziel: möglichst viele Spenden sammeln für ihr Herzensprojekt "EISs auf Rädern". Die bayerische Initiative EISs – "Erlebte Inklusive Sportschule" fördert Sportprogramme, bei denen behinderte und nicht-behinderte Kinder gleichermaßen eingebunden werden. Über "EISs auf Rädern" unterstützt Denise während der Tour Transalp den Sportverein BRSG Peiting. Neben inklusiven Kinderturngruppen bietet der Verein inklusive Reitgruppen. Speziell bei Kindern mit Handicap lassen sich zusätzlich körperliche Probleme wie Disbalancen oder Hüftleiden besser in den Griff bekommen. Weitere Informationen zum Projekt gibt es auf der Homepage.

Und wer bei der Herausforderung der Alpenüberquerung mitfiebern will, der kann dies in Schindlers Tour-Blog machen. Dort gibt es Videos, Fotos und tägliche Informationen über die Gefühlslage und Verfassung - während der 870 Kilometer und 18.000 Höhenmeter.

Rekordteilnehmer ist der armamputierte Paralympicssieger Wolfgang Sacher mit sechs Starts zwischen 2007 und 2012. Unter anderem bildete Sacher mit dem handamputierten Österreicher Eibeck Wolfgang ein Team. Das erste paralympische Mixed-Team waren Kerstin Brachtendorf und Michael Teuber im Jahr 2011, nachdem Brachtendorf die Transalp im Jahr 2008 im Damen-Team sogar gewinnen konnte. Brachtendorf nahm insgesamt vier Mal in verschiedenen Kategorien teil. DIesmal stellt sich neben dem Duo Schindler/Hutter auch Erich Winkler der großen Herausforderung. Er ist der erste Radsportler mit Arm- und Beinprothese, der sich auf diese Tour wagt.